Meiner Meinung nach ändert sich die Szenerie komplett, als der Flieger den Sinkflug aufs Ziel: Stadion beginnt.
Hier sind nun alle vorher getätigten Befehle nichtig und ein neuer ist zwingend erforderlich.
Durch die 28 Minuten Schweigen und die Nicht-Evakuierung wird Koch bewusst in die Enge getrieben und eine Reaktion provoziert, mit deren einziger Lösung klar zu rechnen war.
Es ist nicht die Schuld Kochs, dass er sich für die moralisch fragwürdige, mathematisch logische und einzig menschliche Lösung entscheidet: nämlich 164 gegen 70164 Tote aufzuwiegen und 70000 Menschen zu retten.
Er war das letzte Glied in einer Kette katastrophaler Fehlentscheidungen und gleichzeitig das erste Opfer.
Vor Gericht gehört die ganze Kette der Befehlshaber, die Koch entsprechend manipuliert und die unabwendbare Katastrophe provoziert hat, um selbst eine weiße Weste zu behalten. Angefangen mit dem Vorgesetzten, weiter bis zum Verteidgungsminister.Go Ahead Eagle, 18.10.2016 07:59 #
Was ändert sich durch das Fehlverhalten anderer? Rechtfertigt es mein eigenes Fehlverhalten? Soll man den KZ-Aufseher freisprechen, weil die Befehlskette vorher samt Reichskanzler versagt hat? Soll man den Mauerschützen freisprechen, weil die Befehlskette vorher versagt hat? Möglicherweise kann man das beim Strafmaß berücksichtigen, bei der generellen Beurteilung von juristischer Schuld sicher nicht. Es war seine Entscheidung, die er in vollem Bewusstsein der juristischen Sachlage getroffen hat.
Ich gebe dir allerdings Recht, daß einige Verantwortliche aus der Befehlskette zur Rechenschaft zu ziehen sind. Da sitzen auch Leute aus dem Innenministerium und die sind nicht in der Lage, der örtlichen Polizei Anweisung zu geben, das Stadion zu evakuieren oder zumindest die Information über das Stadion als Terrorziel weiterzugeben? Glaub ich nicht.
Mathematische Logik hat hier glücklicherweise nix verloren. Eine Menschenwürde ist nicht weniger wert als 1 Million Menschenwürden und 164 nicht weniger als 70.000. Aber wenn schon mathematische Logik: 1 Menschenwürde = unendlich. 164 Menschenwürden = 164 x unendlich = unendlich. 70000 Menschenwürden = 70000 x unendlich = unendlich. Das zahlenmäßige Aufrechnen macht einfach keinen Sinn und darf niemals gestattet werden. Wo soll denn da die Grenze sein? Ab welchem Verhältnis von Opfern und zu rettenden Personen darf man töten und wann nicht mehr? Warum haben sie die Maschine abgeschossen? - Oh Entschuldigung, da saß einer zu wenig drin, sonst wäre das gesetzlich vorgeschriebene Verhältnis unterschritten worden. Sorry. Merkste selbst.
Und auch die "einzig menschliche Lösung" hat hier nix verloren. Man mag im Falle Bachmeier (Mutter tötet im Gerichtssaal Mörder ihrer Tochter) auch so empfinden, daß das die einzig menschliche Lösung ist, sie ist dennoch strafbar. Wir reden hier von emotionaler Beurteilung und Emotionen dürfen bei der Beurteilung von juristischen Sachverhalten keinen Einfluss haben und das ist auch richtig so. Daß der Pilot menschlich gesehen so handeln muss, weil die Emotionen die verstandesmäßige Beurteilung der Lage überdecken, geschenkt. Keiner wirft dem Mann niedere Beweggründe vor. Bei allem menschlichen Verständnis bleibt juristisch gesehen Unrecht Unrecht.