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Und sonst...

Rituell Musik hören und Platzbedarf

Alphex
Ich habe beim Umziehen bemerkt, wie lästig Unmengen an physischen Besitztümern sind. Da ich allerdings nicht der Meinung bin, alles, was ich besitze zu verschenken würde mich nicht doch irgendwann ärgern, ist die Überlegung derzeit eher, weniger neuen Staubedarf zu schaffen. Nur will ich halt ungern den Spaß an meinen Hobbys verkleinern, wozu u.A. Musik zählt.

Da ich Musik sowieso zu 80% am PC und zu 19% am MP3-Player höre, ist das Kaufen von CDs eigentlich vor allem aus drei Gründen sinnvoll:

1.) Der Blick ins Regal ist übersichtlicher als der in den gigantischen Musik-Ordner, und der Umstand, Geld dafür ausgegeben zu haben, begünstigt die intensivere Auseinandersetzung.

2.) Booklet schmökern während man Musik hört hat Ritualcharakter und hemmt mein ADHS, drei Dinge auf einmal zu machen. Leider werden die Booklets meist immer schäbiger, da immer weniger CDs verkauft werden.

3.) Es ist quasi Merchandise und als solches natürlich auch ein bisschen Selbstbeweis, was man denn so für einen Geschmack hat (quasi physische Manifestationen). Blick ins stilsichere Regal - natürlich eine Visitenkarte. (Mögen einige rumbrüllen, aber das auszuklammern bringt auch nix für mich.)

So, nun: 1.) kann ich auch mit digital gekaufter Musik haben, und die stopft nicht mein Regal zu; 2.) auch mit Musikbüchern, und 3.) auch mit "echtem" Merch wie Shirts oder so.

Ich neige im Moment dazu zu sagen, okay, dann brauche ich einen pornösen E-Reader (mit Farben, weil "halt Text" hemmt ja den visuellen Mehrwert, und haufenweise Bücher zu kaufen verlagert das Problem nur) und sollte mir dann alles nur noch digital kaufen. Aber keine Ahnung, habe ich irgendwo Fehler in der Gleichung.

Ich bin da generell etwas skeptisch, und frage daher mal, wie die anderen hier das machen. Schön einrauchen, Vinyl auflegen und ins Forum, oder hat jemand andere Ideen, wie man das im digitalen Zeitalter cleverer handhabt?
Nathanael_x
Ich würde dich gerne auf etwas hinweisen, das du völlig ausgelassen hast:

"Verpackung" als Teil des Kunstwerks Musikalbum. Selbstverständlich nachrangig verglichen mit der Musik, es sollte nicht überschätzt werden und es spielt je nach Veröffentlichung mal eine größere, mal eine kleinere Rolle. Ich möchte nicht die Integrität dieser Kunswerke anzweifeln falls man sich völlig ohne physische Verpackung damit beschäftigt. Das Kunstwerk an sich ist als Musik vollständig aber doch gibt es dazu einen Zusatz (die Verpackung des Tonträgers und evtl. der Tonträger an sich) der auch ein Teil davon ist. Vielelicht kann das jemand besser in Worte fassen.

Das geht jetzt natürlich ganz stark über das Albumcover hinaus.

Ein sehr schönes Beipsiel ist imo Led Zeppelin IV - erst recht als Schallplatte. Als Kind hat mich jedoch schon das CD Booklet fasziniert.

Das Cover funktioniert digital auch gut, as gibt aber keine Möglichkeit mit Haptik, Anordnungen, realer Größe des Covers etc. zu spielen. Nur zweidimensionale Bilder die man digital betrachten kann.

Beim Artwork allgemein wird es noch komplizierter. Man kann eine Bildergallerie durchklicken und tschüß. Tonträgergestaltung und physische Goodies die mal mal mehr, mal weniger (oder auch überhaupt nicht) Teil dieses Kunswerkes sind, sind gar nicht möglich. (ein ganz simpler Downloadcode ist es imo gar nicht aber z.b. bei Like Clockwork von QOTSA ist dieser Rubbelcode so etwas)


Ich muss zugeben das oft sehr wenig damit angestellt wird. Besonders bei Jewelcase CDs kann sich das hier lächerlich anhören. Falls das jemandem (vollständig oder teilweise) egal ist, ist das auch ok. Das wichtigste ist die Musik. Ich will darauf hinweisen, dass man hier auch mehr sehen kann als nur rituelles Musikhören (was ohne Frage ein sehr wichtiges Thema ist) sowie Selbstdarstellung, Selbstbestätigung etc.

Noch mal zum Thema Digital: da gibt eine ganz Menge Möglichkeiten die man nutzen könnte. Speziell gestaltete Websites, vielleicht sogar kleinere Videospiele, selbstverständlich Videoclips etc. Da man sie aber nicht als "Paket" mit dem Tonträger erhält und seperat abrufen muss ist bei mir die Bereitschaft dazu sie als einen Teil des Musikalbums anzuerkennen kleiner. Momentan ist das es auch eher PR. Hier kann sich die Wahrnehmung in Zukunft durchaus ändern. Ich würde hier gerne den fiktiven handcannoterase.com Blog zum gleichnamigen Album von Steven Wilson erwähnen.

(Hm...ich habe mehrmals Verpackung des Tonträgers geschrieben. "Albumverpackung" würde hier keinen Sinn machen.)

Zuletzt geändert von Nathanael_x

Fennegk
Also: Früher hatte ich auch ein okayes Regal physischer Einheiten, bisweilen parallel zur Digitalität. Ich hatte mich gegen rein digitale Sammlungsbewusstheit auch lange gesträubt, weil ich die Preise für Nichthaptik nicht korrekt fand. Lustigerweise war's dann Woodkids "The Golden Age" für 'nen schmalen Fünfer, dass das Eis brach.
Ich höre ohnehin just am Computer und unterwegs, ferner vertragen sich (kleine) Kinder und ausladende Regalsysteme nicht sonderlich - zumal: Der Platzbedarf. Dann kommt noch die Schmackigkeit der unmittelbaren Verfügbarkeit hinzu. Sodann also - es war ja das Eis gebrochen (streng genommen früher schon dadurch angeknackst, dass Amazon zum physischen Teil das digitale gleich mit gab bzw. ich so wieder an viele Sachen von früher kam, die ich "in echt" unterdessen vertickt hatte, weil ich dachte, meine Visitenkarte aktualisieren zu müssen).

Eine dann akkurat geführte und schmuck gehaltene Digitalsammlung hat auch was und nicht wenig für sich.
Ich deichsle das mit iTunes und beruflich lässt sich das auch glatt chic querverbinden - bin ja Archivar. Also verstehe ich das als digitales, konsistet und systematisch erschlossenes Archiv mit einheitlichen Verzeichnungsgrundsätzen (wobei weniger auch mehr ist, geht's um die Verzeichnungsangaben).
Will ich meine Visitenkarte präsentieren kann ich mit einer 200+ MB großen PDF ebenso dienen, wie mit einem 2100+ Dateien füllenden Ordner mit all den Coverartworks.
Woas Sois...
Hmm, generell habe ich nichts gegen ne digitale Sammlung. Nutze ich ja auch gerne.
Bei digital bin ich mir aber noch nicht so richtig sicher, wie sicher ist das ganze? Ohne Amazon-Autoplay: Festplatte kaputt, Sammlung weg? Wenn in einer Cloud: Wie lange macht es der Anbieter? Hacker? Was ist, wenn der Anbieter die Rechte verliert, ist dann meine Sammlung auch futsch?

Deswegen halte ich mir ne physische Sammlung, habe als Single auch den Platz dafür. Vom der Reihenfolge beim Hören her würde ich sagen, Digital>CD>Vinyl
Powder To The People
Was Woas sagt.
Ich will auch nach der Apokalypse noch mit einem Stromgenerator und ohne Internet/Festplatte, nur mit einem alten CD-Player noch hart Mortician bangen.
Alphex
Der Punkt mit der Haptik und der Packungsgestaltung ist ein valider, aber dazu drei Dinge - zwei etwas kürzer und praktischer, der dritte ein rant.

1. Mir fallen da aus den letzten 20 Jahren eigentlich nur ein Album von The Dillinger Escape Plan, die Ärzte-Releases und mit großen Abstrichen (die allerdings dazu geführt hatten, dass das Album für mich extremen Eventcharakter hatte) The Process Of Belief von Bad Religion ein. Gerade letzteres hatte zwar "nur" einen Schuber und ein konfus faltbares Booklet, aber dadurch hatte jeder Song sein eigenes Design, seinen eigenen Platz, und das war sehr schön.

2. Das Platzproblem ist durch "geht nur physisch" ja nicht gelöst.

3. Und jetzt kommt's - das mag nur physisch gehen, aber in der Theorie ginge digital ja locker was vergleichbar schauwertiges. Als ich mich erstmals so richtig mit (Pop)Musik beschäftigt hatte, war für mich der vollste Genuss - also im Sinne von "mehrere Sinne simultan" - das Musikvideo. Da gab es eben die optische Ebene dazu. Die liefen damals auch noch auf MTV, also hat man auch hier wieder nicht parallel im anderen Fenster fünf Sache zusätzlich gemacht.

Heute gibt es Lyrics-Videos für einzelne Songs. Das erhöht aber den "Album durchhören"-Eventcharakter null. Warum zur Hölle hat man nicht inzwischen längst INTERAKTIVE (!) Booklets? Die technischen Möglichkeiten gibt es seit 20 Jahren. In den 90ern gab es schrottig komprimierte Videos auf sündhaft teuren Multimedia CDs, später dann Multimedia-Content auf Musik-CDs als Bonus. Eine popelige Flashdatei (wäre also auch plattformunabhängig!) könnte Musik laufen lassen, man hat automatisch durchschaltende Panels, die den Text runterrattern, oder man fährt selbst durch ein schick designtes digi-Booklet - nein, nicht Bilder durchklicken, nutzt halt die technischen Möglichkeiten, dass es zumindest so schick ist wie Hautpmenü von einem modernen Computerspiel.

Ich meine, klar, kostet mehr als 0€. Aber das wäre der absolute Königsweg - wir sind heute öfter denn je an Geräten mit Display, und der Multimedia-Content bei Albenreleases geht zurück. Ein paar Vektorgrafiken, jemand, der weiß, was Art Direction ist, HTML5 und das ganze läuft auf jedem Tablet und Handy, und man kann Musik wieder auf dem Sofa hören. Wäre zeitgemäß und mit SICHERHEIT noch immer um Welten billiger als ein Cover von Hugh Syme, oder ein Musikvideo der frühen 2000er. Ja, Albenverkäufe gehen zurück, aber das ist doch auch Promo! Teile davon kann man ja als Lyric-Videos verwenden, die man ohnehin produziert und als Promo ins Netz stellt.

Hmpf.
Olsen
Zweifache Sicherung muss reichen bei meiner digitalen Sammlung. Einmal auf externer Festplatte, einmal auf Google Play. Wenn das alles kaputtgeht: Tja nun. Nichts ist für die Ewikgeit und man kann dann sogar schauen, welche Musik einem WIRKLICH wichtig ist.

Bei den letzten Umzügen vor meiner Digitalisierung (ja, ich hab mich gleich selbst mit eingelesen) hat mich die Schlepperei der CD-Kartons so genervt, dass ich froh bin, das nicht noch mal machen zu müssen. Bleiben noch die ganzen Bücher, aber die finde ich wichtig, von denen trenne ich mich nicht.
Baron von Quakenbrück
Eine popelige Flashdatei (wäre also auch plattformunabhängig!) könnte Musik laufen lassen, man hat automatisch durchschaltende Panels, die den Text runterrattern, oder man fährt selbst durch ein schick designtes digi-Booklet - nein, nicht Bilder durchklicken, nutzt halt die technischen Möglichkeiten, dass es zumindest so schick ist wie Hautpmenü von einem modernen Computerspiel.

Ich meine, klar, kostet mehr als 0€. Aber das wäre der absolute Königsweg - wir sind heute öfter denn je an Geräten mit Display, und der Multimedia-Content bei Albenreleases geht zurück. Ein paar Vektorgrafiken, jemand, der weiß, was Art Direction ist, HTML5 und das ganze läuft auf jedem Tablet und Handy, und man kann Musik wieder auf dem Sofa hören. Wäre zeitgemäß und mit SICHERHEIT noch immer um Welten billiger als ein Cover von Hugh Syme, oder ein Musikvideo der frühen 2000er. Ja, Albenverkäufe gehen zurück, aber das ist doch auch Promo! Teile davon kann man ja als Lyric-Videos verwenden, die man ohnehin produziert und als Promo ins Netz stellt.

Hmpf.Alphex, 15.03.2017 17:30 #

Warum es sowas nicht gibt? Spontan würde ich sagen, weil es kein Mensch braucht. Zudem finde ich, dass der haptische Aspekt hier gerade viel zu sehr in den Vordergrund gestellt wird. Ich bin da eher Purist: Entweder die Musik taugt oder sie taugt eben nicht. Ein schickes Cover nehme ich gerne noch mit, ob das nun aber auf Papier gedruckt oder nur digital verfügbar ist, interessiert mich da eher weniger.
der_acki
Ich sag dazu nix! Kann der thread-ersteller nämlich eh nicht lesen! :tongue:
Fennegk
Die Sicherungssache ist wirklich so eine Sache... muss ja nur mal wieder so 'ne Weltuntergangsszenarioshow auf N24 laufen und man fragt sich so, was dann wäre. Na ja, bei Lichte betrachtet wird man dann wohl andere Sorgen haben.
Für das normale Leben: Bei Apple und Amazon habe ich ordentlich was geordertet und somit auch in gewissem Rahmen eine Sicherung vorliegen. Ganz doll viel aber auch nicht und so kommt's, dass das Sammlungskomplettpaket zusätzlich als Backup auf der Partition liegt, dann noch auf externer Festplatte und (wegen Speicherkapazität ein bisschen entschlackt) letztlich - für unterwegs - auf der SD-Karte im Handy.
Desweiteren aktualisiere ich nach jeder Sammlungserweiterung die allumfassende PDF so für den "Überblick" auf 370 Seiten.

Was interaktive Multimediahaptik betrifft: Mir jacke. Auch das Videozeitalter ist ja (für mich) durch und egal geworden.
Ein nettes Booklet hat schon was... da kacken aber PDF und auch denkbare programmierte Nachfahren gegenüber ab.
Jedenfalls und nochmals: Nicht mein Ding. Die Musik ist das Ding - okay, das quadratische Visitenkärtle ist auch relevant.