Forum

Und sonst...

Endlosschleife bitte.....große musikalische Momente

Powder To The People
Jepp, in der Tat. Schade nur, dass die Saltwater EP kaum noch zu bekommen ist.
Crackerman
Pianos Become The Teeth - "Houses We Die In"

Dieser einzelne Schlag auf die Snare, der bei genau 5:15 den finalen Ausbruch einleitet, nachdem der Song eigentlich schon längst vorbei und in ein ruhiges, mit Sprachsamples unterlegtes Klavierinterlude übergegangen war. Jedes Mal Gänsehaut. Jedes. Mal. :bow:
Und eine Herausforderung für alle passionierten Luftschlagzeuger: Versucht mal, den Einsatz genau zu treffen, ohne auf die Spielzeit zu schauen. Sau schwer, aber Endorphinschübe, wenn es klappt.

Übrigens ist der gesamte Song ein einziger großer, musikalischer Moment. Die ganze Dramaturgie samt Spannunsgaufbau, -endtladung, -aufbau und Finale. Die sphärischen Gitarren in Kombination mit dem verzweifelten Geschrei. Das Video. Einfach alles. Ganz, ganz, ganz großes Posthardcorekino.Drunken Third, 16.02.2018 18:46 #


Sehr sehr schön beschrieben. Das hat mich neugierig gemacht, mal zu schauen, ob ich die Faszination nachvollziehen kann, die ja hier viele teilen. Das könnte mir ganz gut gefallen, wenn es auch nie meine Lieblingsmusik werden würde. Nur dieser Gesang oder eben das verzeifelte Geschrei. Beim ersten Einsatz hätte ich sonst sofort ausgemacht, jetzt aber natürlich bis zum Ende gehört. Warum nur muss das immer verzweifelt, wütend oder angepisst sein? Ich bin überhaupt keine Zielgruppe, klar....es muss wohl einfach so sein bei dieser Musik.
etienoir
das geschrei vermasselts mir leider auch viel zu oft. meine ungeübten ohren (!) hören da auch oftmals kaum unterschiede zwischen den verschiedenen schreihälsen - oder gar melodische variationen innerhalb eines vortrags.

ohne diesen aspekt gefiele mir dieses stück (wie viele andere aus der richtung) vom sonstigen sound, der atmosphäre und der angesprochenen klimax auch echt gut.
LarryRansomInferno
Etie, lass dir gesagt sein, es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Schreihälsen. Manche sind röhrend, keuchend, fast schon brünftig, andere keifend, beissend, als würden sie dir am liebsten das Ohr abreissen und reinspucken, wiederum andere tönen sehr hochtönig gen Hundepfeife tendierend.
Und in dem Spektrum, zwischen all den Extremen, gibt es Gott sei Dank viele Schreihälse, die eine (mir) angenehme Stimmlage besitzen.

Wenn du 100 Grüntöne aneinandergereiht siehst, erkennst du die Unterschiede. Wenn du nur alle 2 Jahre einen Grünton siehst, ist alles grün. Das soll bedeuten: Wenn man Unterscheide erkennen will, hilft es, sich intensiver mit dieser Art von Musik zu beschäftigen.
Wenn man aber grundsätzlich gar nichts mit Geschrei anfangen kann, wird wohl auch das nix bringen, ausser Schmerzen.

Und ja, Cracker, das Wütende, Verzweifelte muss manchmal sein. Es gibt nichts Besseres, Erfüllenderes, Gänsehauterzeugenderes, als wenn vorhandene Emotionen auf die passende Musik treffen. Und für die absolute Erfüllung muss das eben manchmal schreiend geschehen.

[Disclaimer: Alles meine persönliche Meinung, Geschmäcker sind grundsätzlich verschieden, etc. pp.]
Crackerman
Ja, ich verstehe das -durch dieses Forum- schon viel besser als früher. Ich hatte mich darüber auch mal mit Ofsi unterhalten, wodurch ich auch eine Ahnung davon bekam, warum das so sein muss/soll und warum das genau so passt. Früher dachte ich schlicht, die können nicht singen, deshalb schreien, kreischen und keifen sie. Nur das besser verstehen heisst nicht, dass ich dies Geschrei auch besser abkann :smile:. Mir geht's da genau wie Eti, es hört sich alles gleich an und ich werde niemals ein Ohr dafür entwickeln können.
Für mich soll die Musik Spass machen, mir ein gutes Gefühl geben. Klar gehören Verzweiflung und Wut zum Leben...wenn ich genauer nachdenke, dann sollte man all das imho in den Texten unterbringen. Da ist es besser und eindringlicher aufgehoben. Also so wie ich es sehe.
etienoir
ganz richtig beschrieben, larry. aber mir gefällt grün eben grundsätzlich nicht mehr so gut. bis in meine 20er hab ich auch viel danach gesucht, mich dann aber zunehmend von anderen farben anziehen lassen.

damals war wütend oder verzweifelt auch eine recht häufige gefühlslage bei mir, und - wie du sagst - fand ich in solcher musik einen sehr wirksamen kanal für die emotionen, und das war sicherlich damals auch einer der hauptgründe für diese vorliebe (u.a. neben dem gefühl, dass das - und ich und alle meine freunde, die das auch hörten - einfach cool seien). jetzt kann ich mich allerdings kaum mehr daran erinnern, wann ich das letzte mal derart intensive emotionen dieser färbung hatte, dass sie eines externen oder externalisierten ventils bedurften.

ist das denn bei euch tatsächlich so, dass schreierei jeglicher couleur kanal/ventil/spiegel/... eigener emotionen ist?
LarryRansomInferno
aber mir gefällt grün eben grundsätzlich nicht mehr so gut.etienoir, 17.02.2018 00:39 #


Weiche von mir, Satan! Grün(-weiß) ist das höchste aller Gefühle. :wink:

ist das denn bei euch tatsächlich so, dass schreierei jeglicher couleur kanal/ventil/spiegel/... eigener emotionen ist?etienoir, 17.02.2018 00:39 #

Eben nicht jeglicher Couleur. Ich schrieb zwar, dass es Schreierei jeglicher Couleur gibt, aber nicht, dass jegliche Schreierei das eigene Befinden spiegelt.
etienoir
ja, falsch von mir formuliert. aber nochmal nachgefragt - wenn schreierei den richtigen grünton hat und gefällt, ist die spiegelei einer der hauptgründe für das gefallen? oder gibt es wirklich geschrei, dass du - sagen wir - schön findest?
Powder To The People
Für mich ist Geschrei ein weiterer Kunstausdruck wie es Gesang eben auch ist. Rappen ist auch nicht melodisch, sondern rhythmisch. So funktioniert Screaming. Death Metal Gruntz und Black Metal Gekeife sind künstlich überhöhte Ausdrucksstile, ähnlich der Hypertheatralik beim Operngesang. Shouting ist direkter, "normalmenschlicher". Vielleicht sogar der basalste Stil überhaupt. Denn bevor jemand anfangen kann zu singen, drückt er sich durch jauchzen und schreien aus. Zumal Gesangsarten häufig affektiert sind, einem bestimmten Zweck folgen. Wie Larry schon richtig schrieb, ist es die Verbindung mit der Musik, die die Emotionen weckt, nicht der Ausdrucksstil selbst.
etienoir
hmhm, ja, versteh ich, zumindest intellektuell. (dennoch fühlt sich der säugling doch wohler beim gesang der mutter, als wenn die eltern streiten, keifen und brüllen.) musik ist wie jegliche kunstform zunächst mal etwas hoch emotionales. in unserer post-alles zeit sind wir natürlich über jegliche emotionen erhaben, und betrachten sie vielleicht eher aus einem intellektuellen oder auch handwerklichen blickwinkel. mir persönlich gelingt das nicht (bzw ich möchte mich dessen verweigern), ich brauche schon etwas - besonders in der musik - das in meinem inneren einen gegenpart findet, dort eine saite zum klingen bringt, also schon so etwas wie meine eigenen emotionen widerspiegelt oder solche hervorruft, die mir angenehm sind.

da haben wir also zwei möglichkeiten der rezeption - die emotionale und die postige, also eher intellektuell-handwerkliche, die mit sachlich-nüchternem abstand auf die qualität der jeweiligen kunstform blickt. meine frage bleibt bestehen, zudem dann erweitert mit der alternative, ob ihr musik vielleicht eher verstärkt auf die zweite art beurteilt.
LarryRansomInferno
oder gibt es wirklich geschrei, dass du - sagen wir - schön findest?etienoir, 17.02.2018 01:00 #


Das "Problem" ist, ich werde im alltäglichen Leben sehr selten angeschrien. Deshalb kenne ich Schreierei eigtl nur im musikalischen Kontext und kann schwer einschätzen, ob ich es ohne jeglichen musikalischen Hintergrund schön finden würde.
Aber ich kann sagen, dass es für mich tatsächlich einen Schreier gibt, der ein kleines Stückchen über allen anderen steht (und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich z.B. den Schrei um die 6:55 Minuten Marke auch ohne Musik sehr gelungen fände):

Woas Sois...
Für mich ist Schreien eine weitere, sehr direkte Ausducksform. Wir sind halt nunmal Trockennasenaffen, was macht das Tier wenn es direkt wird, bedrohend, eindringlich? Ich könnte Opern besser durchstehen, wenn z.B. Hagen mal laut werden würde.
Powder To The People
da haben wir also zwei möglichkeiten der rezeption - die emotionale und die postige, also eher intellektuell-handwerkliche, die mit sachlich-nüchternem abstand auf die qualität der jeweiligen kunstform blickt. meine frage bleibt bestehen, zudem dann erweitert mit der alternative, ob ihr musik vielleicht eher verstärkt auf die zweite art beurteilt.etienoir, 17.02.2018 01:30 #

Ich kann sagen, dass ich Musik häufig auf beide Arten höre. Die Diskussion hatten wir schon öfter. Es ging dann immer um Kopf- oder Bauchhören. Bei mir ist es letztlich so, dass ich ja Musiker bin (also nicht professionell, aber doch zumindest etwas geschult und praktiziert). Da hört das analytische Ohr häufig mit. Ein Maurer findet eine schöne Mauer ja nicht nur optisch schön, sondern erkennt die handwerklichen Details und weiss, warum sie ihm gefällt. Deswegen kann er sich aber auch trotzdem einfach nur an der Schönheit erfreuen.
Bestimmte Musikrichtungen (so z.B. mein Steckenpferd des Mathcore) haben technische Ansprüche oder stellen Lärm als Schutzwand hin, die viele abschreckt. Erst wenn man durch sie hindurch tritt, erkennt man die Strukturen und das schlagende Herz. Für mich hat solche Musik viel mit erforschen zu tun, dem Drang sie zu dechiffrieren. Und wenn man dabei überwältigt wird, hat das für mich einen noch viel emotionaleren Aspekt als permanent in der Komfortzone zu pflücken. Es erweitert den Kosmos ungemein.
cornello
kurzer einwurf von der seitenlinie. ich beherrschr kein instrument und konsumiere musik alleine bauchmäßig. und auch in post.irgendwas.zeiten möchte ich nicht über meine emotionen erhaben sein. meine emotionen - das bin ich. deswegen kann ich beide seiten gleichermaßen genießen. ich schwelge gern in schönklang, in warmer wie trauriger melancholie. und ich kann es aktuell wunderbar gebrauchen, meinen ganzen driss rauszubrüllen, rauszuschreien. und das eben zu musik, die mich berührt. es ist nicht selten so, dass sich beim mitbrüllen, mancher emotionaler stau löst. ich bin nicht nur einmal in letzter zeit ab den straßenrand gefahren, weil ich nichts mehr sehen konnte...
Taisumi
Für mich ist Schreien genauso wie Rappen einfach eine Form von Singen, die mich emotional genauso packen kann, wie die mehrere Oktaven umfassende Stimme eines Freddy Mercury. Just so simple.
Drunken Third
Eine gute Diskussion, die sich hier entwickelt, trotzdem möchte ich einwerfen, dass der große, musikalische Moment, um den es hier initial ging, völlig frei von Geschrei ist . :klugscheiss:
Taisumi
Halt, geht es dir hier jetzt um den Ausbruch am Ende oder tatsächlich nur um den einzelnen Schlag auf die Snare?:hm: Weil im folgenden Ausbruch wird da doch sehr wohl geschrien.
Drunken Third
Es ist diese ausklingende Pianofigur, anschließende Stille und dann der Schlag, der den Ausbruch einleitet.
Olsen
Das ist in der Tat eine aufschlussreiche Diskussion hier. Ich versuche ja auch immer mal wieder, zumindest intellektuell nachzuvollziehen, wo die Faszination an diesem Vokalstil liegt. Aber offensichtlich erschließt sich das nur über den Bauch. Als Katharsis funktioniert das für mich überhaupt nicht, im Gegenteil. Schätze, ich brauche die künstlerische Überhöhung (sehr schön formuliert übrigens, Paudi). Richtig berührt werde ich ausschließlich von Balladen, stelle ich fest.
Taisumi
Als Katharsis funktioniert das für mich überhaupt nicht, im Gegenteil. Schätze, ich brauche die künstlerische Überhöhung (sehr schön formuliert übrigens, Paudi).Olsen, 17.02.2018 11:12 #


Für mich funktioniert das geraumer Zeit andersrum nicht mehr. Ich finde das Gekeife eines Nergal (Behemoth) z.B. so aufgesetzt. Ganz schlimm ist der Typ von Cannibal Corpse, der es in meinen Ohren nur noch übertreibt mit dem growlen.