Die "SS-Karte", wie Du sagst, ist doch schon längst von vielen anderen gezogenen worden, z.B. von Henryk M. Broder (natürlich!).caffeine, 09.04.2012 09:54
Broder auch? Hab ich nicht mitbekommen. Aber wundert mich tatsächlich auch nicht.
Ich habe mit Glauben nix am Hut. Aber es lässt sich kaum vermeiden, daß einem in unserem Kulturraum mal die ein oder andere Bibelstelle über den Weg läuft. Und wenn sie grad passt, dann zitiere ich sie auch. Was hat das mit Glauben zu tun? Ich zitiere auch Walter Ullbricht, ohne daß das jemand ist, für dessen Taten ich besondere Begeisterung empfinde. Auch Arschgeigen können kluge Sachen sagen.
Über die literarische "Qualität" des Gedichtes müssen wir nicht diskutieren. Da haben auch schon ganz andere gesagt, was sie davon halten (Dennis Scheck). Inhalt und Form muss man aber auch getrennt voneinander werten können, zumal Grass ja auch in der Breite bisher nicht als begnadeter Lyriker aufgefallen ist. Den Nobelpreis hat er für nen Roman bekommen. Warum er ausgerechnet diese Form gewählt hat, wird wohl daran liegen, weil er genau wusste, was er mit dem Text auslösen würde. Ich denke, ein Essay wäre noch viel schärfer formuliert gewesen.
Seine letzte nennenswerte Veröffentlichung war übrigens auch ein Roman und zwar aus dem Jahre 2002 namens "Im Krebsgang". Der stieß auf geteiltes Echo, aber nennenswert ist der Roman allemal. Das ist nun auch schon wieder 10 Jahre her. Danach hat er noch einiges weniger Nennenswertes rausgebracht, aber das war bei ihm immer schon so, wenn man mal von der Danziger Trilogie absieht. Ist ja nicht so, daß der Mann in den Zwischenzeiten dümmer geworden wäre.
Ich gebe zu, daß man das Grass'sche Werk mögen muss, weil er schon sehr moralisiert. Das ist etwas, was ich zB an Böll nie leiden konnte. Bei Grass störts mich aber irgendwie nicht, im Gegenteil. Deswegen kann ich dem Gedicht inhaltlich auch sehr viel abgewinnen. Ich hätte es vermutlich noch deutlich schärfer formuliert. Den Verbrechern, die sich israelische Regierung nennen, denen gehört genauso das Handwerk gelegt wie dem Ahmadinedschad. Das sagt nix über das jeweilige Volk aus. Ich versteh auch nicht, wie man das missdeuten kann, wenn er von Israel spricht. Natürlich ist nur die Regierung gemeint. Oder glaubt irgendwer, daß alle Israelis Bock drauf haben, dem Iran ne Atombombe auf den Keks zu werfen? Politik wird aber nun mal von Politikern gemacht und nicht vom Volk. Greift man die Politik eines Landes an, dann greift man also erst einmal nur die Politiker an und nicht das Volk. Oder fühlt sich hier wer angegriffen, wenn Griechen die Politik der Deutschen kritisieren? Wir machen die Politik nicht und sind auch nicht mit Frau Merkels Rumeierei einverstanden (geh ich jetzt mal von aus). Also kann uns das kalt lassen. Angepisst werden sich auch im Falle Grass/Israel nur die fühlen, die angepisst gehören.