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Und sonst...

Arzthaftungsrecht

der_acki
wie ihr vielleicht mitbekommen habt, habe ich in diesem jahr die pest am hals.

mein vater fuhr gegen ende mai mit seinem bruder zu einer kur. während dieser kur kam er mit einer lungenentzündung ins örtliche krankenhaus. am tage der geplanten entlassung bekam er magenblutungen und er wurde in ein anderes krankenhaus kurz vor der dänischen grenze verlegt. später diagnostizierte man magenkrebs, der in anbetracht des alters und der körperlichen verfassung meines vaters als inoperabel deklariert wurde. der tumor wurde geklammert.

nachdem man meinen vater stabilisiert hatte, wurde er anfang august mit einem liegendtransport von schleswig nach hause gebracht. die kosten für den transport hat (nach einem kleinen scharmützel) die krankenkasse übernommen. mein vater bekommt jetzt ein medikament, welches möglicherweise sein leben verlängern wird.

gegen mitte mai hatte mein vater einen facharzt für urologie (er hatte vor ca. zehn jahren blasenkrebs) aufgesucht und dort auch über magenprobleme und gewichtsverlust geklagt. der urologe schickte meinen vater zur weiteren abklärung zu einem radiologen, der ein ct machte.

den nächsten termin bei dem urologen hatte mein vater gegen ende juli. zu dem zeitpunkt war er noch im krankenhaus. gestern hatte mein vater den ersatztermin und wurde von meiner schwester begleitet. die fiel aus allen wolken, als sie den diagnosebrief des radiologen in den händen hielt. der hatte den magentumor bereits gegen mitte mai festgestellt, jedoch endet der an den urologen gerichtete brief mit einem klammersatz: (die diagnose wurde dem patienten nicht mitgeteilt).

mein vater wäre gar nicht erst mit seinem bruder zusammen losgefahren, die krebsbehandlung hätte also schon im mai beginnen können. möglicherweise wäre es gar nicht erst zu einer tumorblutung gekommen.

wie denkt ihr über diesen fall? vielen dank schon mal im voraus!
der_acki
ich weiß, dies hier ist ein musikforum, aber trotzdem bin ich für jede art von kommantar dankbar - scheißeschreie, wehklagen, tipps, hinweise, einwürfe, adressen.

ich mache mich jetzt mal vom acker und schaue später nochmal rein.
Olsen
ich frage mich halt gerade, ob ärzte von rechts wegen verpflichtet sind, alle diagnosen dem patienten mitzuteilen. selbst, wenn nicht: was sollte der nutzen daran sein, deinem vater eine solche diagnose nicht sofort bekanntzugeben?

es gibt zwei möglichkeiten:
a) dieser radiologe ist so ein typ "scheißegal, eben schnell durchleuchten, ergebnis aufschreiben, arsch lecken". diese typen gibt es.
b) radiologen sehen so viele krebsgeschwüre, ich glaube, dass deren diagnosen bezüglich lebenserwartung und behandelbarkeit teilweise besser sind als die von den behandelnden fachärzten. vielleicht hat sich der typ gesagt: ach, der mann geht bald in kur, die versau ich ihm jetzt nicht mit dieser diagnose, die aussichten sind eh scheiße.

zweites wäre aus menschlicher sicht vielleicht nachvollziehbar, es ist in jedem fall aber unprofessionell und fahrlässig.

(p.s. auch, wenn sich das jetzt recht nüchtern liest: üble geschichte, aki. ich hoffe das beste für deinen vater.)
Woas Sois...
Ja, übel gelaufen.
Ich frage mich ob der Radiologe vielleicht als nicht behandelnder Hauptarzt, Ergebnisse nur über den Hauptarzt weitergeben darf? Ist ja im Krankenhaus oder so auch öfters, dass die Ergebnisse erst beim behandelnden Arzt besprochen werden.
Amano
Acki, Alter, das ist echt scheiße und der Normalo in mir denkt natürlich sofort: der Arzt hat Mist gebaut und muss dafür gerade stehen.

Es wäre aber nicht das erste Mal, das mein Gefühl konträr zum deutschen Gesetz steht :mad:

Ich hab mal bei uns in der Arbeit die Anwälte diesezüglich angehauen, aber das sind alles Medienanwälte, die trauen sich da nicht an medizinische Dinge ran. Sorry.

Ich wünsch euch alles Gute von hier aus. Vielleicht hilft´s was...
pixiesa
Es gibt doch sicher Gutachter (Ärzte) die diesen "Fall" mal genau unter die Lupe nehmen könnten. Ist natürlich sicher mit Kosten verbunden aber wäre ne Möglichkeit auch bezüglich der Rechtslage Klarheit zu bekommen. Ansonsten ist es ja in den meisten Fällen so gut wie aussichtslos Ärzten ans Bein zu pinkeln.

Zuletzt geändert von pixiesa

Powder To The People
Erstmal meine Mitgefühl an den Acki. Leider hat Pixie Recht - einen Arzt zu behelligen ist in Deutschland äusserst schwierig. Es laufen zwar oft Klagen, die meisten davon aber direkt gegen die Wand. Da hält die Lobby zusammen. Zumal man ja erstmal die entsprechenden Nachweise bringen muss.
der_acki
ich frage mich halt gerade, ob ärzte von rechts wegen verpflichtet sind, alle diagnosen dem patienten mitzuteilen.Olsen, 30.08.2013 13:56 #

das denke ich schon. es fragt sich nur, ob dies der radiologe oder der urologe hätte tun müssen. der radiologe hat die ct-bilder möglicherweise erst ausgewertet, nachdem mein vater die praxis bereits verlassen hatte. ich habe da keine erfahrungswerte, könnte mir das aber durchuas so vorstellen.

denn wäre die nächste frage, ob der urologe den arztbrief des radiologen auch sofort lesen muss, selbst wenn da nicht in dicken lettern "eilt/wichtig/sofort lesen" drauf steht. eigentlich sagt mir mein gefühl, dass dies der fall ist, schließlich hat er den auftrag zu einer genaueren untersuchung gegeben.

ich gehe also eher davon aus, das der schwarze peter beim urologen liegt. und einen patienten im unwissen über eine schwere erkrankung zu lassen, damit dieser sorgenfrei zur kur fahren kann, wäre sicherlich nicht mit dem hippokratischen eid vereinbar. ein urologe ist schließlich kein gastroenterologe und ohne entnahme einer gewebeprobe kann auch keine genaue tumordiagnose gemacht werden.

ich habe bislang noch nicht mit der krankenkasse gesprochen, werde das aber noch tun. der fall ist meines erachtens nach dem derzeitgen stand der dinge ziemlich eindeutig:
mein vater hat es schwarz auf weiss, dass er nicht aufgeklärt wurde. wenn er das ärztliche gutachten mit diesem kernsatz nicht hätte, wäre alles wohl kaum nachzuweisen, aber so besteht dieses problem nicht.

es stellt sich für mich eigentlich nur noch eine frage: wo kriegt man einen wirklich guten anwalt für diesen fall her? die anwalt-suchmaschinen, die ich bislang bemüht habe, spucken nur irgendwelche kraut-und-rüben-anwälte aus, die als einzelkämpfer mit dem schwerpunkt "arzthaftungsrecht" auf kundenfang gehen.
der_acki
ich habe mich jetzt erst mal in einem forum für angehörige von krebspatienten angemeldet. eigentlich kann dieser thread jetzt in den kommenden tagen gelöscht werden.
Olsen
die frage ist natürlich: was bringt so eine klage? deinem vater hilft sie gesundheitlich sicher nicht weiter.
der_acki
die frage ist natürlich: was bringt so eine klage? deinem vater hilft sie gesundheitlich sicher nicht weiter.Olsen, 02.09.2013 12:48 #

was so eine klage bringt? na geld natürlich und vielleicht das gute gefühl, es einer schlafmütze" mal so richtig gezeigt zu haben.

meine mutter war in diesem sommer das zweite problem. details lasse ich mal stecken, da könnte ich nämlich einen roman schreiben, also die kurze variante: meine mutter ist seit gut drei wochen im pflegeheim. bei pflegestufe 2 kostet das immo rund 1200,00 euro zuzahlung. sollte das heim uns auffordern, die nächste pflegestufe zu beantragen, käme die zuzahlung auf rund 1800,00 euro.

käme jetzt auch noch mein vater ins heim, gäbe es eine finanzierunglücke, ergo soll ruhig das brschloch bluten, das ihm die diagnose zu spät mitgeteilt hat. diese mediziner sind doch eh alle versichert.
davon abgesehen ist auch ein volkswirtschaftlicher schaden entstanden.

interessante fragen: hätte man mit der chemo früher begonnen, wie viele monate hätte meine vater dann länger zu leben? drei, vier, fünf monate? und was sind drei, vier, fünf monate leben wert?
DerBolzen
Oh man, so oder so ist das ja eine furchtbare Situation für Deine Familie.
Zu der Sache mit dem Ergebnisse mitteilen. Soweit ich das immer mitbekomme (Freundin ist Ärztin) bekommt der Facharzt vom Radiologen die Ergebnisse (bei schwerwiegenden Sachen mit telefonischer Info, damit es nicht untergeht). Der behandelnde Arzt informiert seinen Patienten. Der Radiologe kennt den Patienten ja nicht und kümmert sich auch nicht um die weitere Behandlung. Kann aber heute Abend nochmal nachfragen und ggf morgen mehr dazu schreiben.
der_acki
Kann aber heute Abend nochmal nachfragen und ggf morgen mehr dazu schreiben.DerBolzen, 02.09.2013 14:17 #

oh ja, bitte!

ich war übrigens gerade im krebspatienten-angehörigen-forum. puh, da krieg ich nur depressionen.
DerBolzen
Hast eine PM!