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Musik

Pearl Jam, Pumpkins, Soundgarden = großer Mist?

johnsemmel
Meint zumindest Jon Savage, englischer Großmeister der Popkritik, auf www.galore.de:
http://www.galore.de/interviews/2009-03-13/jon-savage
Ich kenne ein paar Leute, die das Bild von Savage jetzt sicher mit Dartpfeilen bewerfen. Aber: Ich finde, er hat mit vielem Recht, was er da sagt.
kleinerhobbit33
Was bedeutet mit "vielem"????
thom-ass
Dieses Interview hat mir die Augen geöffnet! Und zwar soweit das mich Jon Savage mal ganz gehörig den Buckel runterrutschen kann!
Soll er sich ne Zeitmaschine bauen und in seine Jugend zurückkehren und uns nich damit belasten das er Bands von heute für kopien von alten Bands hält.
Es ist ja wohl klar das viele Bands von heute wie frühere Bands klingen. Man kann das Rad schließlich auch nicht nochmal erfinden!
riotsk
Also ich mag jede der Bands für jeweils genau einen Song! Ansonsten habe ich nie verstanden woher die Euphorie rührt, aber mittlerweile ist es mir eh egal, denn heute weiss ich wie schwer es ist meinen Geschmack zu treffen und das kann ich ja nicht immer den Bands vorwerfen, von daher finde ich "großer Mist" nicht angemessen, aber es regt sich auch nicht ein besonders großer Widerstand in mir. Hätte der gute etwas ähnliches von Alice in Chains geschrieben, würde ich meine Dartpfeile auspacken!
-pmh-
dazu fällt mir nur eines ein: wer zum henker ist john savage ? ;)

glaub kaum dass das die bands bzw. einen fan besonders juckt ... da macht sich wieder wer wichtiger als er ist. mMn.
soll in rente gehn - das alter hätte er ja fast.
visions-micha
Nochmal für Copy&Paste-Faule: Jon Savage Interview.

Ich habe keine einziges Nirvana-Album. Dafür aber die ersten drei Smashing Pumpkins-Scheiben.
schleichmichel
Im Grunde gebe ich ihm Recht. Allerdings wenn eine Szene nur noch aus avantgardistischen, unverwechselbaren Bands bestehen würde, dann gäbe es keine Szene, keine Jugendkultur wie er sie für richtig und wichtig hält. Eine Musikszene ist nicht denkbar ohne den Dreischritt "gut finden", "nachmachen", "weiterentwickeln". Am letzten Punkt hapert es zwar mittlerweile viel zu oft, wie er richtig anmerkt, allerdings hatten auch Nirvana so einige Cover-Songs aufgenommen und letztlich war "Teen Spirit" auch nicht mehr als Pixies "U-Mass" trifft Bostons "More than a feeling". Innovation baut immer auf Grundlagen auf, auf Elemente die man kombiniert. In Zeiten der Kulturindustrie wurde nunmal eine Vielfalt an Ausdrucksmitteln und -wegen produziert, dass Innovation heutzutage schwerer fällt denn je.

Da tut er einigen anderen Bands sicherlich Unrecht und überbetont die Rolle von großen Bands wie den Beatles, den Sex Pistols oder Nirvana. Zweifelsohne waren dies Bands, die durch ihre Überpräsenz in den Medien eine gewisse Musik der breiten Masse näher gebracht haben und darüberhinaus auch musikalisch prägend waren, aber gerade der Alternative-Rock lebte Anfang der 90er noch von einer gewissen Vielfalt zu der eine Menge Bands auch ausgezeichnete Alben beigetragen haben. Nicht der Grad an Innovation, sondern die Kombination aus Subversion und Erfolg und deren Gegensatz haben Nirvana geprägt und so besonders gemacht. Gerade die Beatles, die Sex Pistols und Nirvana lebten sehr davon, dass talent- und ideenlose 08/15 Typen wie Jon Savage unter dem Deckmantel des Mainstream mal richtig ausflippen durften. Letztlich waren diese Bands zwar gut und wichtig, aber irgendwie auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Da kann man anderen Bands nicht vorwerfen, nicht so ausschlaggebend gewesen zu sein wie Band xy.

Darüberhinaus glaube ich nicht, dass Band xy den Zeitgeist prägt, sondern, dass der Zeitgeist Band xy prägt. Nirvana erschufen ja nicht die Generation X, sondern verkörperten den Wunsch nach einer offeneren Welt nach den konservativen 80ern, welcher in sehr vielen Menschen schlummerte. Heutzutage ist die Gesellschaft aber wohl zu individualisiert, als dass eine Band nochmal Sprachrohr einer Generation werden könnte. Mr. Savage redet ja über die Ideenlosigkeit heutiger Rockmusik, aber er irrt, dies zu beschränken, denn die ganze Pop-Welt ist längst tot. Es wird doch bloß ein Genre nach dem anderen wieder belebt. Und wenn der Herr meint "Dance" sei der neue große Scheiß, dann hat er aber in den 90ern vielleicht irgendwas verpasst, als er sich bei einem Besuch in Seattle mal die Birne weggekifft hatte. Alles schonmal da gewesen!

Falls es etwas gibt, das unsere Generation verbindet, dann die Möglichkeit per illegaler Downloads die Musikgeschichte zu durchforsten um irgendetwas zu finden was uns persönlich liegt. Pop-Musik wird im 21. Jh. zur neuen Klassik. Ein Zeitphänomen welches sich ständig wiederholt und mal originalgetreu und mal verfremdet wiedergegeben wird, aber als Grundlage stets das Original hat. Nur wird das niemand zugeben, da "neu sein" ein Dogma der Kulturindustrie ist, ein Etikett um Geld zu verdienen, auch für Herrn Savage. Muss jeder selbst wissen ob die Musikindustrie es noch wert ist sein Geld dafür auszugeben. Ich persönlich kaufe nur noch alte Alben, denn das wirklich "Neue" gibt's eh nicht mehr.
pony ghost
dogmatischer Dünnpfiff was der da verzapft. Musikhistorisch betrachtet: Wen kümmert’s?
johnsemmel
@thom-ass: Du schreibst: "Man kann das Rad schließlich auch nicht nochmal erfinden!"

Ich entgegne: Wenn nicht all diese Rockbands, die in jedem Interview davon reden, wie unendlich frei und authentisch sie sind - wer denn dann?
MaxVonThane
also ich lese per se nichts was john von sich gibt! ich kann mit mal rein gar nichts anfangen, von daher jucken mich seine aussagen genau so wenig!

fakt ist, das dieses "nachmach-gelaber!" wohl schon so alt ist wie die NME ;) und von dem standpunkt aus gesehen erfindet herr savage das rad auch nich gerade neu!

von daher: wer werfe den ersten stein?

btw: bevor hier wieder eine diskussion ausbricht wer nun wen schlecht/gut etc covert, überlegt euch mal, wo wir dann heute waren wenn nicht die 80er die 70er, die 90er die 80er und die 00er jahre nachahmen (ich weiß das dies historisch so nicht richtig ist)! den so gleich wie alle immer tun, ist das alles gar nicht...
larry underwood
Wow, was für ein ignoranter Typ (im Bezug auf Rockmusik).

Man gehe nur mal das Visions-Archiv nach Nirvana durch und verdammt nochmal, da kam noch so Einiges an guter und halbwegs origineller Rockmusik um die Ecke!

Ich bin auch kein großer Pearl Jam, Soundgarden oder Pumpkins-Fan, aber diese Bands haben definitiv etwas beigetragen, was einerseits originell war und vielleicht auch ein bisschen subversiv.

Letztlich ist das mit der Subversion eh egal, solange man sich glaubt in der Musik wiederzufinden bzw. sie einen auf irgendeine Weise überhaupt anspricht.
Drunken Third
Also kurz und knapp meine Meinung:

Die genannten Bands sind nicht umsonst so groß geworden.
Ich selber höre (noch) keine davon, kann aber verstehen, was die Leute daran toll finden.

Ob, was und wie das ganze mit dem sogennaten "Zeitgeist" zu tun hat, kann ich leider auch nicht sagen.

Im Enddefekt lässt sich aber wohl die Tatsache festhalten, dass gute Musik nach wie vor zeitlos ist, und deswegen über so etwas eigentlich gar nicht diskutiert werden müsste.
Jables
Ich persönlich halte den Typen auch für ziemlich ignorant, oder zumindest engstirnig.
Herr Savage kann ja gerne einen auf Experte machen, deswegen is seine Meinung aber
wohl immer noch total subjektiv ("Oh, ich bitte Sie, Pearl Jam sind Scheiße.", sowas
halt ich nicht gerade für gut argumentiert...)

Ich weiß nur, dass mir verdammt schnell langweilig werden würde, wenn ich nur Bands hören
würde die was-auch-immer als Erste gemacht haben...
ganjadelic
scheiss auf john savage.
lauch.
Seien wir doch mal ehrlich: Was ist denn an Nirvana auch nur ansatzweise kompliziert?
schleichmichel
Seien wir doch mal ehrlich: Was ist denn an Nirvana auch nur ansatzweise kompliziert?lauch., 21.08.2009 23:43


Seit wann muss Avantgarde kompliziert sein? Die Reduktion aufs Wesentliche kann genauso Avantgarde sein. Jedenfalls hatten sie damals ehrliche und verstörende Musik in den Mainstream gebracht in einer Zeit als es dort fast nur glatt gebügelten Scheißdreck gab. Alle anderen Bands der Zeit hatten zwar auch ihre Berechtigung, hätten aber ohne den Erfolg von Nirvana gar nicht so richtig durchstarten können. Hörten vorher (nur) Tausende den Alternative-Rock, wurden es plötzlich Millionen. Vielen jungen Leuten ist heute gar nicht bekannt was das für eine kulturelle Wende war, nach den biederen, konservativen 80ern, die ja jetzt wieder so verklärt werden.

Ich stimme zwar nicht 100%ig mit Jon Savage überein, aber in einem hat er recht: Sowas fehlt heute! Sting meinte jetzt in einem Interview (ebenfalls mit Galore), dass die Rockmusik doch endlich sterben sollte, weil der Musikstil heute so verdammt konservativ geworden sei. Und genau darum geht es: Musikalisch alles schon da gewesen, keine Experimentierfreunde, alles auf Nummer sicher, 08/15, keine musikalischen (oder gar gesellschaftlichen) Visionen mehr. Was glaubt ihr denn warum diese Zeitschrift hier den Namen Visions trägt? Zwar gibt es durchaus Bands die in diesem Jahrzehnt auch großartige Platten abgeliefert haben (wie z.B. Trail of Dead), aber die spielen in kleinen Clubs statt in großen Hallen oder Stadien wie es eigentlich sein sollte, weil der Mainstream nicht mitspielt.

Der Zeitgeist ist heute eben konservativ, da zählt Verlässlichkeit, das Gewohnte, bloß keine Experimente (um ein Adenauer-Wahlplakat zu zitieren). Ein Zustand der offene Geister nur deprimieren kann! Und die Wirtschaftskrise hat jede Hoffnung die man bei der Wahl Obamas letztes Jahr noch hatte im Keim erstickt. Da hat Jon Savage wahrscheinlich auch zu hohe Erwartungen, wenn er denkt avantgardistische Musik solle wieder in den Mainstream einzug halten. Sowas geht eben nur wenn der Zeitgeist es zulässt und offener wird.
HEFFER
so schlimm ist das ja auch nicht, was er da erzählt, da mag er halt nirvana und den rest eben nicht.
Ich stimm ihm in vielen punkten auch nicht zu, aber das hier so viel Aufhebens darum gemacht wird, versteh ich nicht.

wahrscheinlich ists wirklich nur die eine stelle mit pearl jam und pumpkins, die die Leute auf die Palme bringt.
lauch.
Schleichmichel,

ich geb dir da vollkommen Recht. Ich mag Nirvana ja auch, aber er sagt ja wirklich:
"Die Musik von Nirvana war eine hochinteressante Mischung. Sie war aggressiv, bedrohlich. Auf der einen Seite sehr organisiert, auf der anderen wild, chaotisch, dreckig und improvisiert. Nirvana-Platten waren sehr komplizierte Pakete."

Und das halte ich eben für ziemlichen Blödsinn - es war vielleicht interessant, aber mit Sicherheit nicht kompliziert.

Ich mag das einfach nicht, dass der Typ seine Meinung so arrogant als reines Wissen darstellt. Wenn er so unglaublich innovativ denkt und Bands wie Pearl Jam oder die Pumpkins verachtet, ist das seine Sache. Aber dann mit sowas wie Nirvana um die Ecke zu kommen, die einfach nur Glück hatten, weil sie die ersten waren, entlarvt ihn irgendwie. Denn man kann doch nicht ernsthaft der Meinung sein, dass die aufgezählten Bands weniger innovativ sind oder sogar im "Windschatten" stehen.
Ganz abgesehen davon, dass ich die gar nicht unbedingt alle miteinander vergleichen würde und dass niemand sagen kann, ob Nirvana heute in der Lage wären, sich weiterzuentwickeln.
schleichmichel
Denn man kann doch nicht ernsthaft der Meinung sein, dass die aufgezählten Bands weniger innovativ sind oder sogar im "Windschatten" stehen.lauch., 22.08.2009 11:52


Weniger innovativ vielleicht nicht, aber weniger subversiv auf jeden Fall. Pearl Jam haben bei aller Interviewverweigerung eben doch relativ normalen "Hardrock" gespielt und die Pumpkins gingen auf diese esoterische Schiene, die in den 30 Jahren zuvor schon ganz gut lief. Musikalisch mögen Nirvana nicht allzu kompliziert gewesen sein (bzgl. des Könnens), aber verstörende, irritierende Musik war es eben doch und das war für so manchem Heile-Welt-Menschen durchaus zu kompliziert im Sinne von "nicht nachvollziehbar" und "zu stressig". Dazu dann noch die ganze Selbstzerstörung... es ist schon erstaunlich, dass die überhaupt jemals im Mainstream einschlugen. Von den anderen Bands (so sehr ich sie auch mag), kann man das nicht unbedingt so sagen.

Hier übrigens zwei Artikel der "Zeit":

Was ist heute noch subversiv?
Zukunft der Kunst:
http://www.zeit.de/2009/35/Subversiv-Ueberblick?page=all
Zukunft des Pop:
http://www.zeit.de/2009/35/Subversiv-Pop

Insbesondere letzterer Artikel passt wie die Faust aufs Auge zu den Ausführungen von Jon Savage.

Vielleicht sollte man Aussagen zu bestimmten Bands von ihm gar nicht so ernst nehmen. Es geht ihm doch eigentlich mehr ums Prinzip: Im Mainstream-Rock von heute fehlt die Subversion und die Avantgarde.

Ich persönlich finde: Das ist doch alles mehr oder weniger auf Ballermann-Niveau angekommen. Nur leider betrifft dies alle Musikstile und nicht nur den Rock. So mach alter Rock'n'Roller mag sich nun gelangweilt anderen Genres widmen und vielleicht sogar wieder ein wenig euphorisch werden, weil das dann alles irgendwie neu und ungewohnt ist. Aber im Grunde ist diese Entwicklung überall gleich. Die Masse der Menschen kauft nur noch leicht-verdauliches was sich förmlich anbiedert. Das ist das Problem!
lauch.
Aber irgendwie klingt das für mich nach einer merkwürdigen Art der Nostalgie.

Es gibt viele Menschen, die die Musik aus ihrer Jugend aufregender fanden als die Musik heute - aber das liegt auch am Alter. Die erleben die heutige Musik eben nicht mehr als Jugendlicher und das macht wahrscheinlich schon einen Unterschied.
So schlecht sieht es doch eigentlich gar nicht aus. Sicher sind die meisten interessanten Bands eher nicht in den Charts, aber war das früher wirklich so viel anders? Da gab es dann vielleicht sowas wie Nirvana als merkwürdigen Gegenpol zu "harmloser" Musik. Aber heute wundere ich mich auch, dass Bands wie System of a Down so gut ankommen und sich wochenlang in den Charts halten, obwohl die ja alles andere als eingängige Musik machen - ab und zu haben eben welche Glück und andere nicht.
Die erfolgreichsten Lieder werden immer etwas simpler sein, aber das ist ja auch irgendwo logisch. Und ob mans mag oder nicht - Bands wie die Black Eyed Peas machen eine ganz andere Art von innovativer Musik, auch wenn die Texte keine Inhalte haben, aber da könnte ich dann auch mit Liedern wie "Molly's Lips" kommen. :wink:

Vielleicht seh ich das nicht so eng, weil ich nichts von der damaligen Euphorie mitgekriegt habe, aber ich glaube, mich hätte auch früher das meiste zu Tode genervt.

Die beiden Artikel von der Zeit werd ich noch lesen, danke für die Links.