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Best Of '96: Turbonegro - Ass Cobra

SHITHEAD
I look just like your father but I am the midnight NAMBLA

1996 – The year young shithead did not listen to punkrock yet. :hm: Ich müsste also, wenn es um historisches Erleben geht, eher RMB (Spring :heart:) oder die Members of Mayday rezensieren. Aber das wäre ja hier die falsche Adresse. Deswegen also ran an Norwegen's finest.

You've got my penis steaming, and your asshole screaming: HELP

Ein paar Jährchen später, also ca. 2002, als ich mich so langsam an gitarrenlastige Musik gewöhnt hatte, lief im TV immer wieder „Fuck The World“, mein Einstieg in die Band. Turbonegro hatten für mich die richtigen Trademarks zu bieten – Schmutzige Lyrics, ein goldenes Händchen für Stadionrefrains und einen Frontmann, der sich auf der Bühne Raketen in den nackten Hintern steckt. Was braucht man mehr? Ich war ein kleines bisschen elektrisiert und ziemlich angefixt. Zu „Get it on“ und der Apocalypse Dudes war der Weg nicht weit und irgendwann landete dann Ass Cobra im Player. Im Gegensatz zum glattpolierten Nachfolger schredderte die mich erstmal ordentlich weg, soviel Rotz im Sound hatte ich nicht erwartet.

When I see a woman that I'd like to beat - Erection

Nachdem sich die erste Verstörung gelegt hatte, pellten sich die Hits (also ALLE Songs der Platte) recht schnell heraus. Viel Tempo, noch mehr Ohohoh-Chöre und verstörende, aber hochgradig einprägsame Lyrics sorgten dafür, dass sich die Scheibe recht schnell in meinem Gehörgang festbiss. I Got Erection war mir vorher schon bekannt, der ist ja (leider) ein bisschen zur Partygranate verkommen. Im Kontext des Albums hat die Nummer nämlich ne deutlich asozialere Note.

Penetrate me with a broken glass - c'mon, it's just flesh

Überhaupt: Asozial ist genau die richtige Beschreibung für diese Platte. Dieser ungehobelte, (bewusst?) schlecht produzierte Sound ist ja schon ein gereckter Mittelfinger, aber jeder einzelne Songtext ist ein Peitschenhieb in die Fresse des politisch korrekten Spießbürgertums: offen ausgelebte Homosexualität, Lust an Gewalt gegen Frauen, degenerierte Mongo-Mörder, Sex mit Tieren, das Bergen-Belsen-Wortspiel, Kinder mit Zyklon B ausrotten, Duschen in Auschwitz – verbal wird hier wirklich ganz schweres Geschütz aufgefahren. Das alles trägt Hank mit einer versoffenen Räudigkeit in der Stimme vor, die den „Fuck you all“-Charakter der Platte noch verstärkt.

Not enough natural selection

Dazu diese Pet Sounds Karikatur als Cover, inkl. viel Leder, Jeans und deutschem Schäferhund. Und innen räkelt sich der Frontmann komplett nackt und kuschelt mit einer Schlange. Rücksichtnahme war wohl das letzte, was die Band hier im Sinn hatte, eher eine überfallartige Attacke auf alle Sinne, um zu sehen, wer das aushalten kann und will. Wer zu schwach ist, flüchtet am besten nackt in den Wald, so wie der junge Mann auf dem Backcover.

Du geile Sau!

Die dreckigen Texte und der räudige Sound schaffen es aber nicht, die hervorragenden Melodien und die Eingängigkeit des Albums komplett zu begraben. Vielmehr geben sie der Scheibe die notwendige Kante und Rohheit, die auch heute noch dafür sorgen, dass Ass Cobra einen wahnsinnigen Punch hat. Und wenn man die Art von Humor, die in den Texten steckt, abkann, dann bietet das Album auch beim 378sten Durchgang großartige musikalische Unterhaltung. Und bei den beiden gesprochenen Intros zu Just Flesh und Imorgen Skal Eg Daue muss vermutlich nicht nur ich jedes Mal von neuem mehr als nur grinsen.
Why do American punk-rock boys always go out with the American new-wave hooker girls?
I don't know!
I don't like it!
I come from Norway and we don't like punk-rockers going out with the little bullshit new-wave hooker girls
We are going to teach you all a lesson
In Norway punk-rockers go out with punk-rock girls or telephone hookers, unless...they go out with themselves and do homosexual activity


The day is black, the night is white

Wenn der Nachfolger in die Kategorie „Auf Hochglanz polierter Prinz der Nacht“ fällt, dann ist diese schmutzige und stinkende Arschcobra hier das rabenschwarze, ungehobelte Tagtier. Auch nach fast 20 Jahren lässt mich die Platte alles vergessen: Die Beine geraten unwillkürlich in Bewegung, ich will mit Kieselsteinen gurgeln, um maximale Kratzigkeit beim Mitsingen zu gewährleisten und anschließend wird die geschundene Kehle mit literweise Bier gekühlt. Zum Glück spielen demnächst wieder die Asses Of Fire, eine 1A Coverband, die den zuvor beschriebenen Zustand bei meinen Kumpels und mir umgehend auslösen werden.
Das Fazit der Platte hat die Band übrigens gleich als ersten Song draufgepackt:

A Dazzling Display Of Talent
Go Ahead Eagle
Geil.

Meine erste Berührung mit Turbonegro war das Bizarre Festival 2001 oder 2.
(Mein erstes Festival)
Ich freute mich eher auf Nickleback, Jimmy Eat World, Beatsteaks,...
Und hatte von Turbonegro noch nie was gehört.
Am Tag des Konzerts hörte man immer mal wieder Wortfetzen.
Legenden, Comeback aus Heroinsucht, Arschraketen, Rock'n'Roll, und die typischen Turbojugendkuttenträger standen überall rum.
Merkwürdiger Sektenkult.
Tja, und dann kamen die schwulen Denim-Seebären auf die Bühne und ein oberkörperfreies, geschminktes Drogenwrack.
Und sie rockten. Es wurde gegröhlt, getanzt, gesoffen.
Sowas hab ich noch nicht gesehen.
Und dann kam auch noch die obligarorische Arschrakete. :bow:
Abgeliefert vom Feinsten!

Die Apocalypse Dudes steht hier. Läuft immer mal wieder, zuletzt Samstagmittag. Den Nachfolger kenne ich und fand ihn relativ dünn und glatt und langweilig. Ass Cobra fehlt mir.
CYBERBORIS
Schöner Text!

Mein erster Kontakt war damals die Apocalypse Dudes. Die ganze Schwulenthematik und -theatralik der Band musste ich damals erst mal verpacken, aber das Album hat mich dann mit den geilen Melodien derart abgeholt, dass ich es sofort haben musste (übrigens im gleichen, nicht mehr existenten Laden gekauft, wie 1996 die No Code).

Die Ass Cobra habe ich mir danach geholt. Nachdem ich die deutsche Variante von I Got Erection auf einer VISIONS-CD gehört habe musste das Album her. Aber was du hier so schön als räudigen Sound beschreibst ist genau das, was mich immer wieder a) zum Skippen zu I Got Erection und b) zurück zur Apocalypse Dudes gebracht hat.

Auf die Nachfolger (die ich mir zum größten Teil geholt habe) kam ich auch nie wieder so klar, wie auf die AD. Am ehesten noch auf das Live-Album mit einigen legendären Ansagen von Hank.

Vielleicht höre ich aber gleich noch mal in das Album rein. Dein Text macht mir auf jeden Fall Lust drauf. :cheers:
Woas Sois...
Ass Cobra war mein Erstkontakt damals mit der Band. Und ja, das Ding machte Bock. Bei der englischen Wiki heißt es ganz passend: Poison Idea meets Alice Cooper.
Olsen
Das einzige, was mir von Turbonegro wirklich gefällt, ist die deutschsprachige Fassung von Erection, die ja mal auf einer dieser Visions-Sonderzusammenstellungen war. "Rostock? Hansa Rostock? They are pussies! Heavy metal pussies!" Dieses Denim-Schwulen-Ding und die ganze Turbojugend-Kacke fand und finde ich nur semilustig. Pflichtbewusst hab ich mir irgendwann mal die Apocalypse Dudes angehört, meine Ex hatte auch ein Album (das mit dem Motorradhelm vorne drauf). Okaye Musik, die bei mir in keine Richtung irgendwas bewegt.

Zuletzt geändert von Olsen

SHITHEAD
Ass Cobra fehlt mir.Go Ahead Eagle, 30.11.2015 14:04 #


:yikes: Nachholen! Aber machst du jetzt ja sowieso, oder?
Go Ahead Eagle
Logisch.
zwiebelii
Ass Cobra war mein Erstkontakt damals mit der Band. Und ja, das Ding machte Bock. Bei der englischen Wiki heißt es ganz passend: Poison Idea meets Alice Cooper.Woas Sois..., 30.11.2015 14:40 #


supergeiler Vergleich:cheers:
hab die damals in dieser Prollkneipe in Solingen gesehen, war großartig!!
OneFingerSalute
Da hat die Shit Cobra aber wirklich voll zugebissen :cheers: Mir sind Turbenegro alles in allem einfach zu asig und obszön und diesen Turbojugend-Quatsch fand ich persönlich immer schwer alberne, aber ich muss schon zugeben, dass ich den Comeback-Auftritt damals beim Bizarre auch maximal unterhaltsam fand. Nachträgliches :cheers: übrigens an Eagle, müssen uns unglücklich verpasst haben.
Alphex
Finde den Nachfolger deutlich hittiger, aber dafür kannst du ja nichts. Mein Erstkontakt war irgendein Livekonzert via Rockpalast; weiß gar nicht, ob das eine ganze Show war oder nur ein Song. Müsste so um 2002 rum gewesen sein. Meine Ex hatte dann ein paar Alben von der Band. Kram wie Selfdestructo Bust haben dann auch dafür gesorgt, dass ich den Nachfolger sogar besitze (ich glaube, in einem Berlin-Urlaub mal im Stimmungshoch mitgenommen.)

Die "hihi, wir sind so betont asozial"-Nummer kriegt durch Statements vom Bassisten, dass Schwulenehe ja sowas sei, wie sein Schaf zu heiraten und ähnliches aber einen extrem biederen Anstrich. Alternativ finde ich solche Image-Bands heute auch eventuell einfach so nicht mehr so doll.

Bin ich eigentlich zu wenig auf Konzerten, oder auf den falschen, oder ist die Phase, wo bei JEDEM Rockkonzert Leute in Turbojugend-Kluft rumgelatscht sind, vorbei?
OneFingerSalute
Sieht man nur noch selten, dass stimmt. Früher war echt bei jeder Show, die mehr als 20 Leute besucht haben, mindestens eine entsprechende Jeansjacke.
Powder To The People
Schön geschrieben.

Typische Livemusik für mich. Ich hör's mir gleich nochmal aus der Konserve an, aber die Unterhaltung findet für mich bei denen einfach live statt. Turbojugend-Jacken sind für mich nix anderes als Maggots, die Slipknot Müllanzüge tragen. Vermarktung halt. Mir geht's aber wie Olsen: Löst in keine Richtung was bei mir aus. Kann das ohne Probleme hören, aber fühlen tue ich nichts.
Woas Sois...
Ich hab sie einmal live gesehen und das war tres unterhaltsam. Immer schön wenn die Band Bierbauch trägt.
eigenwert
Immer schön wenn die Band Bierbauch trägt.Woas Sois..., 30.11.2015 17:03 #

Poison Idea mal gesehen?
Einer von denen (ich glaub der dickste Watz) hat mal auf der Bühne ne Flasche Bier auf ex gepresst. Dann ist er hinter den Verstärkerturm und hat alles wieder rausgegöbelt (konnt ich von meinem Standpunkt aus beobachten).
Nicht gerade ein arbeitnehmerfreundliches Verhalten.
JustusMeinFreund
Erstkontakt 2003 zur VÖ von Scandinavian Leather , gleich in einem Aufwasch Ass Cobra und Apocalypse Dudes auch mitgenommen und diese letzteren beiden Alben haben meinen Geschmack maßgeblich beeinflusst. Bei Ass Cobra spürte und spüre ich immer noch die gleiche Urgewalt, wie sie Shitty auch so schön beschrieben hat. Das fühlte sich gefährlich und verboten an, das war anders, als alles was ich bisher kannte. Das war richtiger Punk. Beim Genuß dieses Albums will ich wie ein Steinbock die Zimmertüre slammen. Dann 2004 mein erstes von drei oder vier Konzerten, stocksbesoffen im Beat gekotzt und ums Leben gepogt. Da war dann auch klar, eine Turbojugend muss her und so schnell konnte man gar nicht sein Glas kippen, war die Gang auf 10 Personen angewachsen und brachte Schreck und Unheil über das Land. Ok, das letzte stimmt natürlich nicht, aber es war schon eine sehr spezielle Zeit, dessen Zauber leider schnell auch wieder verflogen war. Ich glaub, meine Kutte habe ich seit 2007 nicht mehr getragen, haha.
Alphex
stocksbesoffen im Beat gekotzt und ums Leben gepogt.JustusMeinFreund, 30.11.2015 17:44 #


Haram!
JustusMeinFreund
Gehört zur Adoleszenz.
eigenwert
Jetzt hab ich sie auch mal angehört.
Das läuft für mich unter Partymusik: macht durchaus Spaß - also ordentlich sogar. Aber so der richtige Adressat für sowas bin ich halt auch nicht (mehr). Da kommt's aber wohl auch stark auf Zeitpunkt und Situation des Erstkontakts an. Da bin ich halt jetzt eher der Older-BudweiserAce-Of-Spades-Typ.
Jetzt läuft noch die Apocalypse Dudes, aber die kommt schon deutlich lahmer daher. Ab der nächsten Platte röcheln sie dann wohl, oder (ein Fetzen von einer 94er-Platte kam auch noch nach)?
Flabes2000
Ich glaub, meine Kutte habe ich seit 2007 nicht mehr getragen, haha.JustusMeinFreund, 30.11.2015 17:44 #

Passt sie denn noch?:bigsmile:
JustusMeinFreund
Ha, bisschen kurz um die Hüfte, aber bauchfrei ist doch sicher bald wieder modern.:smile: