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„Hi, die Ärzte, das sind wir.
Heißen euch willkommen hier,
auf unserem Konzept-Album,
das, auch wenn's sich nicht reimt,
ausschließlich von Haaren handelt.“

Ich stecke hier jetzt ein bisschen in einem Dilemma. Anpreisen wie sauer Bier soll ich ein Album, das anders als ein unumstrittener Meilenstein wie Aenima, einen Szeneklassiker wie Ass Cobra oder Visions-relevantes wie Odelay als das komische Konzeptalbum der Bravopunks die Die Ärzte (aus Berlin) bekannt ist.
Je öfter ich es mir für die Rezi wieder mal anhörte, fiel mir jedoch auf, wie gut das Ding immer noch funktioniert. Es findet sich darauf (und später eigentlich nie wieder so geballt) der ganze weirde Kosmos der Die Ärzte. Top Ten Hit Singles, Gute Laune LaLaLa- Granaten, seltsame Balladen, Soundexperimente, Deathmetal, 90er Alternative-Funkmetal.
Zusammengehalten nur von einem Haargummi und der unbändigen Lust an Blödsinn in jeder Facette.

„Mein Baby war beim Frisör,
seitdem macht sie nichts mehr her.“

Bei den meisten genügen die zwei Zeilen um gleich einen Ohrwurm in den Gehörgang zu betonieren
Besungen wird eigentlich alles, von Modefrisuren, Szenescheußlichkeiten (Ziegenbart), Haare als Mordwaffe über die Entstellung von Frauen durch die falsche Frisur.

„Du bist verhältnismäßig cool,
hast volles Haar und festen Stuhl“

Musikalisch passen sie die Songs dem Thema an, geht es um rebellische Gymnasiasten, wird das von 90er Alternative-Funkmetal umspielt, die Vortodfrisuren Minipli und Dauerwelle werden niedergeblastet mit Deathmetal, alternde Vorstadtmetaller mit Vorstadtmetal (Hair today, gone tomorrow. Wer weiß, von wem der Titel geklaut ist?)

„Ich scheiße auf ihr Ecstasy, ich scheiße auf ihr Crack
Ich scheiß auf ihre Drogen und das ganze Spritzbesteck
Ich will nicht mit ihr ficken, da bin ich ziemlich stur
Nur eins kann mich entzücken: die Frisur“

Zum Ausklang des Albums frönt Farin noch seinen Faible für 70er Rock, „Am Ende meines Körpers“ ist eine klare Coverversion von Astronomy Domine.

„Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren,
müssen Männer mit Bärten sein.“

Fazit:
Um es jetzt mal persönlicher zu halten: Es ist ein Album von Ihnen, das ich immer wieder auflegen kann. Anders als Plant Punk oder Geräusch. Am Anfang sträubt man sich vielleicht noch ein bisschen, hält es für zu verblödelt, dann ertönt das Intro, man will sein Baby nicht mehr fisten und bei Drei-Tage-Bart ertappt man sich beim mitsingen. Es ist keine große Kunst, als „Konzept“ natürlich eine Beleidigung aller aufrechten 70er Jahre Rollatorgitarristen, aber: es unterhält. Es weckt eine kindliche Lust am Reimespiel, man ertappt sich, wie man auf eine bestimmte Textstelle wartet.
Man freut sich, wenn ein Song auf einmal die Richtung ändert.
Es ist The Wall für dadaistische Hedonisten.

Das kam für mich in einer Zeit, als mir sowas viel zu albern war. Wenn ich heute mal "Mein Baby war beim Frisör" im Webradio höre, macht es mir Spaß. Ob ich das auf Albumlänge brauche, weiß ich nicht. Aber sollte ich es mal auf dem Flohmarkt sehen, werde ich zuschlagen.

(Hair today, gone tomorrow. Wer weiß, von wem der Titel geklaut ist?)Woas Sois..., 03.12.2015 09:50 #

Bestimmt von den Ramones inspiriert, aber die Redewendung gab es ja schon davor.

Ich fand das Album von den Songs her einfach relativ durchwachsen. Witziges Konzept, aber mehr als 4-5 Nummern davon brauch ich nicht. Ich war nur immer neidisch auf das "Berti raus"-Shirt von Bela. Hab ich damals nicht gekauft, hätte ich aber heute total gerne.

Er hats getan!
Ich kenne das Album nicht in Gänze.
Habs mir auch nicht geholt, obwohl es in die Phase fiel, in der ich noch Ärzte gehört habe und mir zudem die Singles zugesagt haben. Das Konzept "Haare" hat mich damals abgeschreckt.
Rückblickend, kann ich deine Kritik nachvollziehen.
Ein kleines dadaistisches Kleinod und ein irgendwie merkwürdig schimmernder Glanzpunkt der Karriere.
Man muss erst mal so ein Standing haben, um mit so einem Quatsch durchzukommen.

„Unsere Firma dachte damals, dass wir mit Le Frisur totalen Mist gebaut hatten, weil sie sich weniger gut verkauft hatte. Aber darum geht's doch gar nicht. Wenn es nur darum ginge, wäre Dieter Bohlen der beste Musiker der Welt. Ist er aber nicht!“ (Farin)

Aber sollte ich es mal auf dem Flohmarkt sehen, werde ich zuschlagen.DerBolzen, 03.12.2015 10:23 #

Tu er das. Für schmales Geld kann man nichts falsch machen. Irgendwann müssen ja auch die Kinder bespasst und musikalisch früherzogen werden. Da biste dann schon gerüstet.

Da kenne ich tatsächlich nur den 3-Tage-Bart von. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob ich das ändern sollte. Die einzigen Sachen, die ich bis heute noch von denen gut finde, sind Vollmilch, Zum Bäcker und der Film Richy Guitar.

Da kenne ich tatsächlich nur den 3-Tage-Bart von. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob ich das ändern sollte.AERPELSCHLOT, 03.12.2015 11:56 #

Doch doch, wenn du von einer Band, die ca. 200 Songs veröffentlicht hat, 2 gut findest, solltest du das uuuunbedingt ändern.

Aber sollte ich es mal auf dem Flohmarkt sehen, werde ich zuschlagen.DerBolzen, 03.12.2015 10:23 #

Tu er das. Für schmales Geld kann man nichts falsch machen. Irgendwann müssen ja auch die Kinder bespasst und musikalisch früherzogen werden. Da biste dann schon gerüstet.Woas Sois..., 03.12.2015 11:44 #

Klar, wenn Du denen dann z.B. "Fisten" erklärst. Mit Handpuppen.

"Show me on the Doll, where the music touched you"

Sehr schön, Woas! Ein Kumpel hat sich das Album damals besorgt, als wir noch verhältnismäßig klein oder besser gesagt jung waren. Uns hat der Unfug sehr gut unterhalten - und das, obwohl wir mit der Ironie noch ganz am Anfang standen. Vermutlich dachten wir teilweise sogar, die meinen das ernst. Viele Songs haben sich in den Kopf gebrannt, als wäre da jemand mit einem zu heiß eingestellten Lockenstab zu Werke gegangen (ein schlechter Haarwitz musste sein, sorry). Und ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen: Zumindest einzelne Songs funktionieren auch heute noch prima. Letztes beim 90er-Abend in der Kneipe gab es nicht einen Gast, der bei "Mein Baby ..." nicht mitgegrölt hat. Ziemlich überraschend einer DER Hits schlechthin.

Der größere Ramones-Ripoff auf dem Album ist Mein Baby war beim Frisör; nicht grundlos wurde das "Original" zu der Zeit auch auf Deutsch auf irgendeiner Single gecovert.

Drei Tage Bart, Motherfúcker 666, Hair Today, Gone Tomorrow und der Dauerwellenkampf sind super; Straight Outta Bückeburg zumindest witzig. Der Rest ist musikalisch einfach nix dolles. Da war der Vorgänger schon erheblich hittiger (auch wenn die Bela-Kompositionen schon da stellenweise ähnliche Tiefen ausloteten.)

Hittiger, klar, ist fast jedes Album von Ihnen. Vielleicht außer dem Bullenstaat.

Toll gemacht!

Ich mag das Album auch sehr gerne, es funktioniert als Konzept schon irgendwie gut. Klar, DIE Überhits sind auf anderen Alben, aber diesen Quatsch mit Bartstoppeln in der Soße auf Albumlänge durchzuziehen, ohne damit komplett lächerlich zu wirken - das ist schon eine Leistung.

Ich bin ja mal in den "Genuss" eines Geheimkonzerts der 3 älteren Herren gekommen, bei dem sie als Setlist einfach dieses Album komplett durchgespielt haben. Seitdem mag ich's ja noch lieber (obwohl ich eingestehen muss, dass da auch "geht gar nicht"-Material drauf ist).

.... hach..... die Ärzte....

Für mich steht Le Frisur an zweiter Stelle in meiner Ärzte-Rangliste. Ich finde es perfekt von vorne bis hinten. Es ist so schön spontan albern. Über einige der Gags könnte ich sicher heute noch lachen, hätte mich die Band mit den letzten zwei bis drei Alben nicht dermaßen vergrätzt, dass ich mir eigentlich gar nichts mehr von ihr anhöre.

Man muss auch noch mal die Veröffentlichungspolitik erwähnen: Le Frisur wurde im Vorfeld in keinster Weise beworben und stand plötzlich einfach im Laden. Ich weiß noch genau, wann ich das Ding wo gesehen und sofort gekauft habe. (In einem großen Supermarkt. An der Stelle, wo früher das CD-Regal war, ist heute die Kosmetikabteilung. Was sagt das wohl aus?)

hab das album noch nie von vorne bis hinten durchgehört, so aus dem stand kenne ich ca. 1/3 der trackliste... ach, "vokuhila superstar" hatten wir beim letzten grillabend im August mal in der shuffle-playlist!
"die bestie in menschengestalt" und "geräusch" sind meine einzigen dä-alben, welche ich im original besitze; ein oder zwei andere gibt's noch irgendwie in den untiefen der externen festplatte - essentiell sind vermutlich aber nur die liveshows. oder?

Zuletzt geändert von -pmh- 03.12.2015 14:25

Du meinst "essenziell", aber nein, sind sie nicht.
Aber drei Stunden sehr gute bis ausgezeichnete Unterhaltung allemal.

An der Stelle, wo früher das CD-Regal war, ist heute die Kosmetikabteilung. Was sagt das wohl aus?)Olsen, 03.12.2015 13:39 #

Dass das CD-Regal jetzt zwei Gänge weiter ist?

Der größere Ramones-Ripoff auf dem Album ist Mein Baby war beim Frisör; nicht grundlos wurde das "Original" zu der Zeit auch auf Deutsch auf irgendeiner Single gecovert.Alphex, 03.12.2015 13:21 #

Kannst du da mehr zu sagen? Wobei sich die Ramones natürlich auch gerne mal selbst "gecovert" haben, z. B. "Rock'n'Roll Highschool"/"Touring".

Ach ja, Le Frisur. Muss immer an das Album denken, wenn ich das Wort "Konzeptalbum" lese. War/ist schon eine coole Scheibe. Im Gesamtkontext auch sicherlich höher zu bewerten, als einzelne Stücke für sich, wobei die bekannteren und Singles wie "Mein Baby war beim Frisör" und "3-Tage-Bart" natürlich herausstechen und tatsächlich spontane Ohrwürmer verursachen können.

Du meinst "essenziell",Drunken Third, 03.12.2015 14:21 #

Meint er nicht. Wenn man vor dem Erscheinen der Platte aus der Schule gekommen ist, dann gibts sogar nur die eine Möglichkeit.

Rechtschreibung bis 1996 essentiell
Reformschreibung 1996 bis 2004/2006 essenziell / essentiell
Heutige Rechtschreibung seit 2004/2006 essenziell / essentiell

Quelle

Kannst du da mehr zu sagen? Wobei sich die Ramones natürlich auch gerne mal selbst "gecovert" haben, z. B. "Rock'n'Roll Highschool"/"Touring".HIRNTOT, 03.12.2015 14:23 #

Die Vikingjugend hat mein Baby entführt, vermute ich.