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Vielohrentest #1: CONFRONTATIONAL - A Dance Of Shadows

etienoir
vorab: im herbst hatte alphex das schonmal abgefeiert. ich hab's damals schon sehr schnell wieder ausgemacht. diesmal hab ich aus gegebenem anlass etwas länger durchgehalten. aber nach dem ich-weiß-nicht-mehr-wie-vielten stück mit den gleichen zutaten dann doch abgebrochen. dazu ist mir meine zeit zu schade.
das hier ist (so wie ich das verstehe nur einer?) ein epigone von epigonen, die einer art von musik nachlaufen, die niemals auch nur ansatzweise gut war. völlig ideenloser plastikmüll mit billig-sound. einfachste, oberflächliche "melodien", die es genauso und noch niemals in gut seit mindestens einem drittel-jahrhundert schon gibt. dazu ein möglichst breitbeiniger drumcomputer, dessen umprogrammierung zwischen den einzelnen stücken anscheinend vergessen wurde. das ganze zugekleistert mit der art von synthies, die schon in den 80ern maximal nervten. und um's komplett zu machen hier und da noch ein paar credibility-elemente wie ein pseudo-gitarrensolo für's hardrock-image oder ein spoken-word-part unterlegt mit so besonders düsterem rauschen, damit auch jeder die bedrohung versteht.
warum kommt mir immer das bild von don johnson mit fönfrisur und blendend weißem anzug, wie er durch eine 80er-jahre-fernsehverständnis-von-düster neonbeleuchtete straße geht, in die nächste bar verschwindet, um cocktails zu trinken und langweilige, aber möchtesogern-erotische gespräche mit dick bemalten puppen zu führen, deren betonfrisuren bei jeder bewegung die deckenfarbe abkratzen.
ich benutze den smiley ja wirklich ungern, aber hier bleibt mir nix anderes übrig: :kotz:

Zuletzt geändert von etienoir

mcpete
80er Musik hat bei mir einen schweren Stand, da in dieser Zeit der Synthie bis zum abwinken eingesetzt wurde. Dieser Sound ist nicht nur sehr, sehr schlecht gealtert, sondern hatte zu seiner Hauptzeit bereits einen hohen Nervfaktor erreicht.
Nun zur heutigen Zeit Alben zu veröffentlichen, die trotzdem nur darauf aufbauen, haben vielleicht einen gewissen Nostalgiescharm für manche, mehr jedoch nicht.
Im vorliegenden Fall wird das Ganze angereichert und oberflächlich aufgewertet durch einen minimalen Gitarreneinsatz und Gastauftritten wie zum Beispiel von John Carpenters Sohn.
Für Erinnerungen, ob positiv oder negativ, an die alten Zeiten in Film und auch Videogames war es gut, da die damaligen Soundtracks nicht weit entfernt sind.
Nichtsdestotrotz fehlt es den Stücken auch noch an Abwechslung untereinander. Ständig der gefühlte gleiche monotone Beat, auch wird eine Verknüpfung zur heutigen Zeit vermieden. Der Gesang ist in jedem Tack gleich austauschbar.
In Summe: veraltet, trashig, monoton und der fehlende Sinn, die Synthie-Musik der 80er ohne Weiterentwicklung nur anhand des Nervfaktors weiterzuführen. Ein Track zum Spaß zwischendurch reicht und dann lieber der hier bereits öfter gebrachte Song von Gunship (Tech Noir?)

Mich würde aber von Alphex schon kurz interessieren, was er an seiner Auswahl toll findet und warum er diese hier aufgeführt hat.

Zuletzt geändert von mcpete

Powder To The People
warum kommt mir immer das bild von don johnson mit fönfrisur und blendend weißem anzug, wie er durch eine 80er-jahre-fernsehverständnis-von-düster neonbeleuchtete straße geht, in die nächste bar verschwindet, um cocktails zu trinken und langweilige, aber möchtesogern-erotische gespräche mit dick bemalten puppen zu führen, deren betonfrisuren bei jeder bewegung die deckenfarbe abkratzen.etienoir, 13.03.2016 08:15 #

Und damit hast du so ziemlich Alphi's Lieblingsästhetik genailt.:bigsmile: Oder zumindest seine Vorliebe für Miami Vice.
Zudem ist er ein nicht nur geringer Fan von Computerspielmusik, die früher ähnliche Strukturen aufwies. Zumindest den Opener kann man problemlos hinter die Kampfgeräusche von Streets Of Rage legen. Mir hat das am besten gefallen, wenn sie wie in "Like A Curse" oder "To Live And Die On The Air" die Synthies ihre Stimmungsarbeit machen lassen. Gerade letzteres hantiert immerhin mit sich entwickelnden Sounds, die dem Song etwas Ambivalenz verleihen. Ansonsten sind Tempo, Betonung und Akkordfolgen nahezu komplett identisch. Wer auf sowas steht, feiert das garantiert. Mir persönlich sind Gunship, mit ihren schokoladeverhangenen Gesangsmelodien, deutlich lieber. Ich erkenne zudem den Sinn des Albumaufbaus nicht richtig (ich würde das mal als Album werten, da mit 8 Songs 35 Minuten oder so erreicht werden). Das Instrumental am Anfang bringt mich nicht in die Stimmung, die später aufgegriffen wird. Der Spoken Word Track ist als Zwischenspiel ok, aber vor allem "Forsaken" wirkt deplatziert. Das klingt cool, aber funktioniert eher als Intro. Der stimmungsvolle Aufbau wird verspielt, da kein sinnvoller Outburst im nächsten Song passiert, sondern dieser nur identisch wie alle anderen anfängt. Der letzte Track ist dann etwas mehr Uptempo, was auf einer 80er Party tatsächlich ein paar Tanzmäuse anlocken könnte.
Insgesamt not my cup of tea. Erbrechen muss ich aber bei weitem nicht.
FaithAndHope
Nach den Kritiken hier, habe ich mich wirklich auf das schlimmste gefasst gemacht, soo schlimm war es aber nun wirklich nicht.
Ich dachte sofort daran, das einige Lieder auch auf einer "Gruft Party" gespielt werden könnten. Wenn mir jemand gesagt hätte, das Album wäre in den 80ern erschienen, hätte ich das auch sofort geglaubt.
Insgesamt absolut nicht meine Musik, aber würde davon jetzt etwas im Radio laufen, würde ich auch nicht sofort den Sendern wechseln. Für mich persönlich fehlt eben auch der Gesang. Ich bin ja nun wirklich kein freund von Instrumental zeug.
Olsen
Ich hatte als Einstieg in diese Rubrik eigentlich mit irgendeiner Art von Gitarrenmusik gerechnet, mit der ich nichts anfangen kann. Aber was packt Alphex hier aus? Etwas, das wir in den 80ern (TM) als Dark Wave bezeichnet hätten. Heute würde man wohl Synthpop dazu sagen, der dunkle Einschlag ist aber doch deutlich. "One Last Kiss" steht sogar an der Tür zum EBM-Club, wird aber wegen zu großer Luschigkeit nicht reingelassen.

Generell mag ich diese Art von Musik schon, aber Confrontational haben leider kaum gute Melodien anzubieten. Oder vielleicht liegt es daran, dass der Sänger diese nicht vernünftig rüberbringen kann. Beim ersten Stück dachte ich noch, das ganze Album klingt so Carpenter-beeinflusst (sein Sohn ist bei einem Stück sogar dabei) und habe mir eine Stimme gewünscht. Als sie dann kam, habe ich mir gewünscht, mir das nicht gewünscht zu haben. Diese weinerliche, dünne Jammer-Stimme - sehr schade, hier hätte jemand mit einem kräftigen Organ ans Mikrofon gemusst.

Viel mehr kann ich nicht sagen. Das ist alles ganz nett und tut mir nicht weh, kann aber nicht begeistern oder mich neugierig auf mehr von der Gruppe machen.
AERPELSCHLOT
Nach der vergeudeten Lebenszeit durch das Anhören dieses Albums (ich hab durchgehalten) bin ich froh, daß ich wenigstens nicht mehr viel dazu schreiben muss, weil eti (:bigsmile:) mir die Arbeit für meine Kritik im Grunde schon abgenommen hat. Würde ich komplett so unterschreiben.
Ich würde noch hinzufügen, wer sowas ernsthaft vertiefen mag, der sollte Faiths Rat folgen und lieber auf ne Gruftiparty gehen. Da hört man dann wenigstens die bei aller Redundanz qualitativ wenigstens etwas höherwertigen Originale wie Eternal ArschfickAfflict, Silke Bischoff oder Psyche (ich hätte nicht gedacht, daß ich das Wort "höherwertig" im Zusammenhang mit diesen Bands mal verwenden würde).
Durchgefallen, 1/12, der Nächste bitte.
Alphex
@Faith: Die Musik hat Gesang. Du darfst halt nicht innerhalb der ersten 3 Minuten (bzw. im Introtrack) ausmachen. :bigsmile:

Mich würde aber von Alphex schon kurz interessieren, was er an seiner Auswahl toll findet und warum er diese hier aufgeführt hat.


Nun, es hieß "bloß kein Hardcore". Da Gitarrengepimmel auch generell nicht jedem gefällt, nahm ich eben etwas, was 1. recht kurz und knackig ist (ist ja nur eine EP), 2. wohl die wenigsten kennen dürfen, also läuft es nicht auf "kennt man eh, ist toll/Mist"-Einzeiler raus, und 3. ich sehr gut finde. Und, auch wenn natürlich Kram wie Coldcave, Darkwave und Konsorten existieren, war ich mir recht sicher, dass sonst niemand was ähnliches einreichen würde. Und ich finde, der Aktion kommen ungewohnte Sachen, die aber trotzdem nicht komplett Avantgarde sind, eher zugegen, als "klingt wie eine Band, die ich auch nehmen wollte, aber schlechter". Ich hatte auch bewusst kein Genre angegeben, da ich dachte, Unvoreingenommenheut tut den Reaktionen gut.

Ansonsten, der hate ist okay, da es halt einfach eine Ästhetik hochfährt, die man mag, oder nicht. Das Klagen nach mehr Melodien verstehe ich angesichts von Ohrwürmern wie Like A Curse oder Flat / Line nicht; dass Olsen den Gesang zu weinerlich findet, aber ansatzweise (ich finde ihn super, da megatiefe Gothicvocals für mich absolut NICHT zu der klaustrophobischen Neonstimmung passen würden, aber konventioneller wären sie wohl). Das pseudo-Gitarrensolo ist übrigens von jemand, der mal bei Ministry war und heute Madonnas Tourgitarrist war - auch wenn ich das Solo selbst jetzt auch eher nachgereicht emfinde.

Und Don Johnson fährt zu dieser Musik nur Auto; ich erkenne da eher wenig glamuröses Abschleppen in der Stimmung.
mcpete
Deine Gedanken zur Auswahl find ich gut, da hat sich jemand Gedanken gemacht. Also gibt es noch Punkte in der B-Wertung.
etienoir
okay, für die auswahlnummer gibt's von mir auch n punkt.
Woas Sois...
Gedanken dazu: Jennifer Beals, Giorgio Moroder, Fade to gray, Neonlicht, geschniegelte Slipper, Cocktails, Ray Ban, coole Gesten, Ingolf Lück.

Also, alles in allem, nicht so schlimm. Das ist natürlich übertriebenster 80er Retroschick, aber ehrlich gesagt: Würde es im Hintergrund dudeln, mich stört es nicht groß. Könnte mich vielleicht an und an beim mitpfeifen ertappen.
WitweBolte
ich hab mich beim lesen von etienoirs beitrag dazu so herrlich amüsiert, dass mich das doch neugierig gemacht hat, obwohl ich mich mit kritiken, ob gut oder schlecht immer zurückhalte- hier mach ich mal ne ausnahme
etienoir
:hi:
Alphex
Achja, zur Info: Die "Band" ist ein einziger Typ, soweit ich das überblicke. Gastauftritte gibt es zwar, und bei den Liveshows wohl auch Unterstützung, aber an sich scheint das ein einzelner Mensch zu sein. Schmälert oder erweitert die Leistung oder den Hörspaß nicht, ist aber dennoch erwähnenswert, da hier ja jetzt mehrfach im Plural gesprochen wurde.
Olsen
Das passt ja auch wieder zur Gothic-Szene, wo viele Musiker so Einzelstreiter sind, die sich für Live-Auftritte ein bisschen Unterstützung holen. Irgendwann probiere ich mich auch mal an Synthesizern, dann gnade euch Gott.
Alphex
Synthwave hat jetzt nicht unbedingt soooo viel mit Gothic zu tun. Kram wie Mitch Murder oder Power Glove fallen da auch drunter, und die haben jetzt wiederum gar nix mehr mit Gothic-Ästhetik am Hut (im Gegensatz zu z.B. Pertubator).

Oder fiel der Terminator-Soundtrack damals unter Gothic?
FaithAndHope
Olsen wird der neue Justin Bieber der Gothicszene...
Woas Sois...
Freiwillig gebe ich meinen Platz nicht auf! :klugscheiss:
Olsen
Synthwave hat jetzt nicht unbedingt soooo viel mit Gothic zu tun.Alphex, 13.03.2016 19:53 #


Inzwischen vielleicht nicht mehr, kann ich nicht beurteilen. Synthesizer sind ja auch bei den Indies wieder schwer in Mode gekommen. Aber in meiner Jugend, kurz nach dem Krieg, da lief sowas alles unter Dark Wave. Das ging sogar hin bis zu Bands wie The Human League, die aus heutiger Sicht eine Popband waren, die sich den einen oder anderen dunkleren Abstecher gegönnt haben.

Aber wie Ärpel schon so ähnlich sagte, wenn du Confrontational bei einer Gothic-Party auflegte, würde sicher niemand weglaufen. Außerdem habe ich eben gelesen, dass Signore Massimo Usai vorher bei einem Darkwave-Duo am dabei war. Die Einschläge kommen näher.
Alphex
Das wusste ich wiederum nicht, was der vorher gemacht hat. Habe aber mal ein bisschen Mailkontakt mit ihm gehabt (Album kriegt man ja nicht über Amazon); sehr netter Typ.