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Platten

die alben des jahres 2021

Powder To The People
Metal, Honorable Mentions

Krzta - ZÓLC.NISZCZENIE.ZGLISZCZE.
Polnischer Math-Sludge, oder was? Sind im Geiste nahe bei den Schweizern von Knut und das punktet ja per se bei mir.

Gojira - Fortitude
Trotz zunehmend abnehmender Kratzbürstigkeit ist jedes Album der Franzosen quasi automatisch in Bestenlisten. Mir fehlt ein wenig der Sturm & Drang, aber Druck machen können sie auch weiterhin.

Wolves In The Throne Room - Primordial Arcane
Klingt ein wenig fieser als "Thrice Woven"; sie lassen Synthies noch mehr Raum und entschleunigen immer mehr. Damit entfernen sie sich von meiner einstigen Faszination für sie. Platte geht trotzdem gut rein.

Portal - Avow / Hagbulbia
Na was wohl? Album Nummer 6, "Avow", eingezimmert im Outback rund um Brisbane, vermutlich auf dem Rücken einer riesigen Tarantel on her way straight to Erdmittelpunkt, klingt wieder wie alle Death Metal Platten der Welt gleichzeitig abgespielt. Entweder lässt man sich einsaugen, dreht den Kopf einmal um 360 Grad und geht in der Brücke die Treppe runter, oder man zerbricht daran. Ob es die fast 40 Minuten Noise-Ambient mit Gallenkolik auf "Hagbulbia" dann noch gebraucht hätte, lassen wir am Besten einen der Höllenfürsten entscheiden.

Converge & Chelsea Wolfe - Bloodmoon: I
Wie ich befürchtete, ist die Mischung genau das, was man erwarten kann. Converge holen sich ihre Post-Metal-Parts ran, um Chelsea den Raum zu geben. Das funktioniert auf dem Titeltrack noch sehr gut, laugt sich aber mit der Zeit aus. Dankenswerterweise gibt's auch mal Spaghettiwestern á la "Scorpion's Sting" und generell ein paar schöne stimmliche Zusammenspiele zwischen Brodsky und der dunklen Dame. Das Konzept ist mir zu cringy und ich hätte gern mal schnelle Converge mit ihr zusammen gehört, aber kann man sich gut geben.

Archspire - Bleed The Future
Im Tech-Death schon längst mit Legendenstatus gesegnet, sondern die Kanadier Album Nummer 4 in die Luft ab. Eine halbe Stunde, die Material für mehrere Tage enthält. Über-Drummer Spencer Prewett betreibt mit seinen Gravityblasts und der unmenschlichen Doublebass nebenher einen Teilchenbeschleuniger, der Rest hält Schritt, weil vaporisieren keine Lösung ist. Einmal pro Jahr mit dem Fiat Punto 350 km/h fahren ist schön.

Full Of Hell - Garden Of Burning Apparitions
Sie werden noisrockiger, jaja. Mehr Merzbow, mehr Unsane, und trotzdem nicht weniger Deathgrind. Wie machen die das? Weitere 20 Minuten düsterste Darknet-Ecken in Musikform. Wenigstens etwas bleibt konstant in diesen turbulenten Zeiten.

Møl - Diorama
Ich bleibe dabei: Die enthusiastische Mischung aus Death-/Black- und Post-Metal der Dänen hebt einen auf ganz eigene Art in die Lüfte. Da oben ist es wunderschön und eisig kalt zugleich. Kreischen, Singen, alles ist erlaubt. Runter kommen sie sowieso, also warum jetzt schon über den Kater Gedanken machen?

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Powder To The People
Metal, Top 5

5. Noise Trail Immersion - Curia
Nach dem letzten, eher deathspelligen Album, orientiert sich „Curia“ wieder deutlich mehr am progressiven Faktor und Post-Metal ganz allgemein. Allerdings weniger die netten Momente von letzterem. Mehr so die Katharsis mit wechselnden Tempi, gerne auch mal über den Punkt hinaus, an dem das noch gut tut. Dennoch lässt die Band wieder mehr Anknüpfungspunkte für den Hörer zu. Es gibt Cleangesang und schleppenden Doom, wenn es sein muss. Und 3 Interludes mit verwunschenen Akustikgitarren. Und italienisch zur Verständigung. Und Rosetta mit ADHS nannte das mal einer. Egal jetzt, hört selber rein. Is geil.


4. Plebeian Grandstand - Rien Ne Suffit
Und der Preis für die ekelhafteste Nahtoderfahrung dieses Jahr geht an meine französischen Sweeties von Plebeian Grandstand. Die zimmern gefühlt aus dem Nichts ihre wahrscheinlich auszehrendste Platte ans Firmament. Waren die beiden Vorgänger noch sehr am dissonanten BM von Deathspell Omega angelehnt, injizieren sie jetzt noch toxische Electronica, verquere Industrialbeats und einen mittlerweile im Suizidalen zu verortenden Gesang. Den Hang zu Mathe haben sie keineswegs abgelegt, es klingt nur alles noch fieser. Teils kaum greifbar. Die Geschwindigkeit des Schlagzeugs in „Part Maudite“ dürfte nur von wenigen Menschen so live zu reproduzieren sein. Den Vogel schiesst die Band aber ganz ohne Kalaschnikow im Mittelteil des Albums ab. „Espoir Nuit Naufrage“ ist Dantes Abstieg vertont von Merzbow und NIN, moderiert von jemandem, dem gerade ohne Sedierung die Hoden entfernt werden. Meine Güte. PG sagen selbst zu diesem Album, dass es eine regelrechte Tortur war, die Gefühle von Isolation und Depression bedingt durch Corona-Zeiten umzusetzen. Echt jetzt? Hört man kaum.


3. Vildhjarta - Masstaden Under Vatten
Wie schafft man es als Band mit nur einem Album in die Herzen einer Szene? Ganz einfach: Man nimmt ein eigentlich bereits etabliertes Genre, nennen wir es mal Djent, und fährt seinen Tanklaster volle Suppe rein. Und dann mal schauen was passiert. Passiert ist 2011 daraufhin „Masstaden“. Der Tanklaster entschleunigte die Maschine namens Meshuggah und hatte mindestens eine Gitarre geladen, die ominöse Melodien spielte. Dieses Gemisch nannte die Band als Spielart „Thrall“. 10 Jahre später greifen sie einige Ideen von damals wieder auf und verarbeiten sie zu einem opulenten Doppelalbum, das einen völlig einsaugt. Ein gigantischer, glitchender Koloss aus Metall (höhö) und Fleisch stolpert unaufhaltsam nach vorne, droht umzufallen. Irgendein Körperteil fängt den Sturz stetig auf. Interludes und Songs lassen sich nur selten voneinander unterscheiden, die 80 Minuten sollen am Stück gehört werden. Komplett auf finnisch isses auch noch. Gut so. Will gar nicht wissen was der von sich gibt. Das macht es noch abstrakter.


2. Four Stroke Baron - Classics
Zwischen all diesen todernsten und extremen Metalplatten muss doch auch mal was Spassiges für mich dabei sein? Was? Four Stroke Baron bringen ein neues Album? Und zack: Spielt ganz oben mit. Was machen die denn nun eigentlich? Tja…äh…läuft wohl unter Alternative Metal. Was auch immer das heissen mag. Hat sich Robert Smith mit seinem Keyboard auf eine Mastodon-Probe verirrt? Ist das ein Djent-Remix einer Tears For Fears-Single? Benutzt der ernsthaft regelmässig eine Talk Box? Fragen über Fragen. Die Antwort ist: Die Mische von Four Stroke Baron bleibt originell. Der Schlagzeuger ist irre gut, die Riffs sind geil, die Lyrics herrlich Spacko, und diese Stimmlage bei dieser Musik macht halt sonst auch keiner. Die beste Platte der (mittlerweile nur noch) 2 Jungs ist es ganz nebenbei auch noch. Rechnet man den seltsam drögen Opener und den eher nichtssagenden Closer raus, gibt’s nicht mal Filler. Hut ist ab.


01. Between The Buried And Me - Colors II
Machen wir uns nichts vor. In sämtlichen Paralleluniversen haben BTBAM „Images And Words“ geschrieben und Dream Theater waren die versoffenen Lokalpatrioten aus Boston. Das Schicksal wollte es bei uns anders. Das war auch gut so. Denn ohne ihren Hardcore-Hintergrund, den sie auf „Colors II“ wieder erstaunlich weit nach vorne holen, bekämen sie wohl Probleme. So kann man einfach wieder ein paar fiese Breakdowns ins Gefrickel packen, den Proggie aus der Hose hängen lassen und trägt diesmal dabei ein Mr. Bungle Shirt. Die letzten Veröffentlichungen waren zwar gut, aber nicht unbedingt zwingend. Jetzt krallt man sich DIE eigene Referenzplatte und rezitiert sich einen mehr als nur gelungenen spirituellen Nachfolger zurecht. Gönnt sich gleich 3 Drumsolos von Portnoy, Koperweis (Entheos) und Schalk (Candiria) in nur einem Song („Fix The Error“). Mixt Mittelaltermusik mit Comicästhetik und einem Blastbeat hinter einem Honky-Tonk („Prehistory“). Schickt alle nach einer Viertelstunde Trademark-Marathon ins Bett („Human Is Hell“). Und all das wirkt so frisch und spassig wie schon lange nicht mehr. Ich wurde ein bisschen müde mit euch in den letzten Jahren. Danke für’s Wachrütteln! Jetzt bitte „The Silent Circus II“.
-pmh-
Ich unterteile in meine 4 Hauptgenres in der es dieses Jahr jeweils nur eine Top 5 gibt.Powder To The People, 18.12.2021 21:49 #



lip schißkit´s neues album, und der albentitel "still sucks" passt wie nie zuvor ... hm, eigentlich auf alle ihre alben.
snail mail habe ich ebenso wie torres reingehört, packt mich aber beides nicht. bei black midi bekomme ich höchstens kopfweh, auch wenn das einige leute ziemlich anfixt.
ach, siehe da, the joy formidable sind ja auch auf meiner liste!

den rest kenne ich nur dem namen nach (beim metal nicht mal das), thrice habe ich früher echt gerne gehört - aber das neue zeux langweilt mich nur noch. gilt auch - in abstrichen - für biffy clyro; und deafheaven fällt unter die rubrik "besser hören": slowdive.
-pmh-
wobei - powder´s reviews machen ja meistens ohnehin mehr spaß als die musik;
:cheers: für die ganze arbeit und für die listen, die da noch kommen mögen

alle anderen listen habe ich natürlich auch gelesen; ein paar kandidaten werden da bei gelegenheit auch mal angetestet. :winke:
rocknroli
@Powdi: Spannende Alben und noch interessantere, unterhaltsamere Reviews. Danke, sehr schön zu lesen!
Powder To The People
Danke, ist ja quasi auch immer eine persönliche Reflektion für mich. Sich abschliessend nochmal mit den Werken beschäftigen und die Gedanken hier rein klatschen. Derweil Geheimtipp an Justus, falls noch nicht bekannt:


Havukruunu - Kuu Erkylän Yllä
Donnerjakob
Ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen, dass du wie immer einen guten Job machst.

Die Appetizer werden aber noch kommen (Turnstile Verriss und Hip Hop :floet:). :cheers:
JustusMeinFreund
Havukruunu - Kuu Erkylän YlläPowder To The People, 21.12.2021 12:08 #


Band bekannt (Live und auf Pladde).

(Turnstile-Veriss kommt nicht, würde auch keinen Sinn machen)
alvarez
Geh gerade mal durch meinen (winzige) Metal-Anteil in der Longlist und vergleiche mit Powdis Liste. Überschnitt ist kaum vorhanden, aber ich schreib mal, weil ehrlich gesagt kaum eines der Alben bei mir ganz oben auftauchen wird.

WITTR fand ich ziemlich geil, aber eigentlich auch nur beim Fahrradfahren. Die Møl hat es nicht in die Longlist geschafft, aber die fand ich auch ganz cool.

The Armed fand ich schwer zu klassifizieren, kannst ja eigentlich überall reinstecken, aber natürlich geil, hat Powdi sicherlich noch woanders.

Weitere Metal(core-ige) Alben, die ich mir nochmal genauer anhöre sind die Scheiben von Chevelle (ja, wirklich, ist geil), Every Time I Die und SeeYouSpaceCowboy, wenigstens zweitere erwarte ich bei Powdi dann auch noch irgendwo.

Zum Schluss dann noch Glassing, So Hideous und Portrayal of Guilt, denen ich aus meinen ca. 37 Screamo-Alben noch die meisten Metal-Anteile zugestehe und gespannt bin, ob PoG es irgendwo reingeschafft hat.

Zuletzt geändert von alvarez

Donnerjakob
Da sich hier keiner aus der Leine hängt und bellt, dräng ich mich mal mit meinem Glump dazwischen. Bissel Text, wenig Jazz und reichlich Herzscheiße – meine Top 10 2021.


10. Black MidiCavalcade
Wie die Agonie des Covers bereits verrät, ist Cavalcade eine von Hieronymus Bosch gemalte Version der Sixtinischen Kapelle, in deren entlegensten Winkel man sich leicht verlieren kann. Lass dich aber nicht vom speziellen Kaninchenbau abschrecken. Vertrau auf die flüsternde Stimme in deinem Ohr und genieße die Farben und Bilder, die in deinem Blickfeld schweben.

9. Dos SantosCity of Mirrors
Was bin ich froh, dass es das Chicagoer Label International Anthem gibt. Allein aus diesem Grund, dass es Bands wie Dos Santos ein größeres Budget erlaubt, die künstlerische Freiheit zu haben, jede dieser Kompositionen in wilde kleine Nuggets aus rhythmisch-stacheligem Cumbia, Salsa, Mexican Folk, hypnotische Gesangsharmonien und mit den Mitteln des Surf- und Psych Rocks zu polieren. Mein neues Lieblingslabel.

8. Ben LaMar GayOpen Arms To Open Us
Ist es falsch, dieses Teil mit Herbie Hancocks 70er-Jahre-Future-Jazz-Meisterwerk "Rain Dance" zu vergleichen? Beide verlassen sich auf lockere elektronische Erkundungen, die gelegentlich durch Live-Drumming verankert werden. Jazz wird ständig neu erschaffen, doch was OATOU schafft: Es haucht einem alten Idiom Leben ein, etwas, das Jazzmusiker häufig versuchen, aber oft mit überambitionierten Ergebnissen.

7. Guided By VoicesEarth Man Blues
Pollards Freude an seiner Kreativität kennt keine Grenzen und bietet Fans nicht oft die Chance, dass die neueste GBV eine Naht aus purem Gold schürt. Aber warum das Huhn schlachten, wenn es mal keine goldenen Eier legt? Dieses mit unwiderstehlichen Hooks vollgepackte Werk, bietet unter den 15 Tracks keinen unterdurchschnittlichen Moment. Egal wohin die Nadel fällt, lass diese melodischen Schnörkel in deinen Kopf und dein Herz und du wirst sie wochenlang mitsingen.

6. Godspeed You! Black EmperorG_d's Pee At Sate's End!
G_d's Pee At Sate's End! ist zweifellos das stärkste Album, das dieses Jahr veröffentlicht wurde. In Bezug auf die schiere Klangkraft, kam nichts anderes heran. Es ist ein Meisterwerk der Crescendos: Ein gewaltiger, pulsierender, wirbelnder Klangsturm, der größtenteils von einem Gitarrenbiest erzeugt wird und meist in einem wunderschönen Post-Rock-Ausbruch mündete. Der Effekt mag bekannt sein, aber er war total gefühlvoll. Und tatsächlich schlug der Effekt am heftigsten ein, wenn sich Ruhe zwischen den Stürmen legte. Rockalben – insbesondere Instrumentalalben – werden selten so fokussiert und souverän getroffen.
Donnerjakob
5. Jamire WilliamsBut Only After You Have Suffered
Viel Vergnügen, ab hier wird es wirklich diffus. Eine belebende Collage aus Rhythmen, Texturen, Hip Hop, Neo-Soul, Gospel, weiß der Kuckuck! Es hängt alles lose aneinander, wie der Ärmel eines Zauberers, der von seinem knochigen Arm hängt. Länger als ein paar Sekunden bleibt der Kopf an nichts hängen, die heranziehende Wolke hat nie viel mit der vorherigen gemein; die Erfolgsrate dieser seltsamen Stilpaarungen ist aber nahezu perfekt. Du musst fokussieren und wenn möglich die Augen schließen. Während man sich mit dem heißen Chaos des täglichen Lebens auseinandersetzt und es mit BOAYHS aufnimmt, kann sich "Pause In His Presence" plötzlich wie ein harter Aufprall auf den Erdboden anfühlen, erschüttern und dir Tränen in die Augen schießen lassen. Magie findest du hier nur, wenn du weiter zuhörst. Alles in Allem bleibt BOAYHS ein kleines Album und eine schöne Fiktion; das zarte Gespinst eines Traums oder aus tiefstem Schlaf erwachend und die Sekunde danach, wenn wir uns nicht eimal mehr daran erinnern, dass wir geträumt haben.

4. MadlibSound Ancestors
Die Zusammenarbeit zwischen Kieran Hebden und Madlib ist genauso wunderbar, wie man es erwarten würde: raw beats to raw lyrics.. always.

3. Dean BluntBlack Metal 2
Trotz aller Vermutungen über Blunts künstlerische Absichten, wurde die Angelegenheit nie endgültig geklärt. Ich habe die vage Vorstellung davon, dass dieser Typ die letzten Jahre damit verbrachte, im Dunkeln zu lachen und an die Grenzen des Unmöglichen zu gehen, um das Mögliche spöttisch zu sezieren. Der produktive Blunt hat in seinem umfangreichen Werk Hip-Hop-, Akustik-Rock- und Avantgarde-Elemente zusammengeflickt, die sich ständig verändern, aber niemals Kompromisse eingehen. Eine überraschende Neuausrichtung und Erweiterung zeigt Black Metal 2 durch mehr Direktheit, die sogar Pop-Sensibilität zulässt: große Melodien, karge Texte, üppige Streicher, flatternde Harfen, zerbrechliche Gitarren, buttrige Vocals (unterstützt von der tollen Joanne Robertson), alles durchsetzt vom grassierenden und scheinbaren Nichts. Das schöne an "Black Metal 2" ist, dass kein Kontext erforderlich ist, was es mit Musique concrète Verbindung bringen lässt. Musique concrète als musikalische Technik befreit jeden Klang vom Kontext; nicht weit von dem, was das Sampling- und Scratching-Erbe des Hip-Hop mit sich bringt. Es bleibt zwar wie alles bei Blunt vage, doch die Intensität seiner mystische Kraft entfesselte viel Klang und Seele auf Black Metal 2.

2. IdlesCRAWLER
Okay, ich sage es einfach: Next big thing? Who gives a fuck?! Auch wenn der Nachfolger ihres Durchbruchalbums "Joy As An Act of Resistance" ihre Identität bis zum Zerbersten brachte, konnte ich es mir beim besten Willen nie mit ihnen bequem machen; es war wie ein Hemd, das nicht zu meinen Proportionen passte, das ungeschickt hing und sich an den falschen Stellen zusammenzog. Tatsächlich hätten sie mit einem weiteren "Ultra Mono" nichts, aber auch gar nichts falsch gemacht: sie hatten Hits, Banger und postmoderne Pastiche. Crawler richtet den Blick stattdessen knietief deep nach innen und verlagerte die Party in den Schrank, die Gäste lädiert wieder herauskommen ließ. Hattest du jemals eine wirklich schlechte Zeit auf einem Rave? Joe Talbot hatte sie eindeutig, der seinen Drogen- und Todeskampf während des gesamten Albums wiederholt durchlebt und Gesangstechnisch eigene Grenzen überschreitet (seine bisher selbstbewussteste Gesangsleistung). Jon Beavis gibt nicht nur mit viel Drive den Rhythmus vor, sondern das Drumming des Jahres zum Besten. Hip-Hop-Produzent Kenny Beats Fingerabdrücke sind auf CRAWLER überall zu finden und zeigen uns seine bislang inspirierteste Arbeit: "Car Crash" - in Death Grips Manier - ist so brutal wie nur möglich, bis "Crawl!" uns tief zu den Trümmern eines fast tödlichen Autounfalls führt. Präzise springt das Album mit rasender Geschwindigkeit von Gewalt zu Zärtlichkeit und zurück. Wenn nach einem glückseligen Electro-Stück über Hoffnung und Erkenntnis ein knallendes 30-Sekunden-Grindcore-Interludium namens "Wizz" folgt, konnte man sich für den Moment im Zorn sonnen und die Kopfhörer in akustischer Säure schmelzen sehen. All das fügte sich zusammen, um dem Hörer ein intensiv fesselndes Erlebnis zu bieten und bewies, dass Idles immer noch den Finger auf der Ader haben.

1. LowHey What
Erzähl mir nicht, dass ich ein Romantiker bin, ich weiß es schon. Ich gehöre zu diesen nervigen Menschen, die wirklich glauben, dass die Dinge die wir erschaffen uns verändern können. Dass das Hören einer Platte mit den richtigen Ohren oder das Anschauen eines Films mit den richtigen Augen, unsere Sicht und Bewegung in der Welt verändern kann. Die Band, die mir diesen Glauben zuerst einflößte war Throbbing Gristle, die mit einem Augenzwinkern und einem fiesen Grinsen ihren schwarzen Spiegel hochhielten und den verrotteten Kern der Menschheit widerspiegelten, in dem Wissen, dass uns nicht gefallen würde, was wir darin erblicken, aber dass es in unserer Verantwortung lag, einen Blick reinzuwerfen. Eine der Bands die diesen Glauben bestärkte war Low, deren Album "Double Negative" eine angenehmere und weniger gesichtsfressende Version dessen war, was ich hinter der russischen Droge Krokodil vermute. Drei Jahre nach der Veröffentlichung ihres karriereprägenden Double Negative, kehrten Low mit "Hey What" zurück, einem Album, das den charakteristischen minimalen Sound des Duos nahm und ihn in einen Raum mit nichts als BJ Burtons manischen Beats und aggressiven Elektronik steckte. Aber das Genie dieses Albums bleibt die Gesangskunst und die idyllische Resonanz des Duos, die sich einen Weg durch den Lärm bahnte um Schönheit zu finden und ungewöhnliche Orte zu besuchen, die mit keinem anderen aus dem Jahr 2021 oder jedem anderen Kalenderjahr vergleichbar waren.
Donnerjakob
Das Jahr war musikalisch gesehen zu stark, deswegen sind einige im Kampf um meine Gunst auf der Strecke geblieben. Rohdiamanten sind sie jedenfalls alle und die Feinheiten können noch später kommen.

Honorable Mention

Armand Hammer & The AlchemistHaram

Black Country, New RoadFor the first time

Genghis TronDream Weapon

KaA Martyr's Reward

MndsgnRare Pleasure

Mdou MoctarAfrique Victime

PapanguHoloceno

SenyawaAlkisah

TomagaIntimate Immesnsity

Vanishing TwinOokii Gekkou
Jack Crabb
Ich würde so gerne mehr zu euren Listen schreiben, aber das Meiste kenne ich lieder nicht oder nur vom Namen her. :sad:

Es gab für mich schon stärkere- aber auch schwächere Musik-Jahre. Von daher kann ich mich nicht allzusehr beschweren. Hier meine Top 10 des Jahres, garniert mit ein paar kurzen Kommentaren.


10. James BlakeFriends That Break Your Heart

Nicht übel: erst auf Slowthais neuem Album einem der besten Songs des Jahres singen und dann selber ein neues, starkes Album veröffentlichen. Der ewige Trauerkloß, der immer noch wehmütigen Folk und moderne Elektronik gekonnt zusammen denkt, wird auch auf „Friends That Break Your Heart“ nicht langweilig.

09. TomahawkTonic Immobility

Da wo Patton drauf steht, ist auch Patton drin. Ein gewisses Maß an Extravaganz wird bei diesem Mann einfach erwartet. Manchmal wünschte ich mir zwar er würde einfach nur singen und nicht gefühlt alle zehn Sekunden die Stimmlage wechseln, musikalisch gibt es dafür wenig zu meckern. Nur die Hits fehlen mir etwas...

08. Lingua IgnotaSinner Get Ready

Lingua Ignota war von allen Neu-Entdeckungen diesen Jahres wohl diejenige mit der größten Fallhöhe. „Pennsylvania Furnace“ und „Perpetual Flame Of Centralia“ hießen die Songs, mit denen mich die dieses Frau gelockt hatte, die aber „Sinner Get Ready“ nicht wirklich repräsentieren. Für diesen tonalen Exorzismus braucht es ein bisschen Zeit und Geduld. Lohnt sich aber.

07. LiarsThe Apple Drop

Erschien bereits im August, weckte zwar sofort meine Aufmerksamkeit, wurde aber erst kurz vor Jahresabschluss auf CD noch nachgekauft. Ich kannte die Band vorher bestenfalls vom Namen her, jetzt habe ich einen Grund mich mit ihnen ausführlicher zu beschäftigen. Sehr viel kann ich (noch) nicht schreiben, außer dass mir die Songs und die Sounds von vorne bis hinten wirklich sehr gut gefallen!

06. Emma Ruth RundleEngine Of Hell

Emma Ruth Rundle hatte ich bisher immer nur aus der Ferne beobachtet. „Return“ und „Blooms Of Oblivion“ hatten dann zum ersten Mal mein Interesse geweckt. Sehr ruhige, sehr sparsam musizierte Songs. So sehr wie „Engine Of Hell“ allerdings zwischen Tori Amos, Beth Gibbons und den „American Recordings“ von Johnny Cash oszilliert, gefällt mir das dann doch außerordentlich gut.

05. Audio88 & YassinTodesliste

Mit der deutschen Rapszene waren Audio88 & Yassin schon auf „Halleluja“ fertig. Auf „Todesliste“ liegt der Fokus auf Themen wie Rechtsruck und die generelle Blödheit der Menschheit. Musikalisch werden hier ein paar Brücken hinter sich abgebrochen, was aber ganz selten stört. Das Gesamtpaket aus aggressiven Rap und progressiver Sounddichtung stimmt weiterhin.

04. TurnstileGlow On

Ist das noch Hardcore oder schon Stadiorock? Turnstile wollen und können sich auf „Glow On“ nicht entscheiden und machen alles richtig. Auch wenn meine Lieblingssongs erst relativ weit hinten kommen. Dieses Album ist vergnügungssteuerpflichtig. Mindestens...

03. Arab StrapAs Days Get Dark

Die perfekte „Alles-ist-immer-noch-scheiße“-Platte des Jahres. Und ganz nebenbei meine erste Berührung mit den Schotten. Und das Cover ist auch eine Augenweide. Asche auf mein Haupt. Arab Strap werden demnächst nachgeholt, versprochen!

02. SlowthaiTyron

Das Großmaul aus UK Slowthai legt mit „Tyron“ nach und lässt keine weiteren Fragen offen. Ein mehr als seriöser Nachfolger ist dem Rapper hier gelungen, in dem theoretisch gleich zwei Alben drinnen stecken. Für mich die beste Rapmusik 2021.

01. International MusicEntentraum

Eine absolut irre Band mit ihrem, nun ja, ziemlich irrem, zweiten Album. „Ententraum“ ist ein den Horizont erweiterndes Erlebnis und ließ den manchmal etwas verbohrten Musik-Polizisten in mir kleinlaut kapitulieren. Muss man gehört haben!
Powder To The People
Havukruunu - Kuu Erkylän YlläPowder To The People, 21.12.2021 12:08 #


Band bekannt (Live und auf Pladde).JustusMeinFreund, 21.12.2021 13:27 #

Dachte ich mir schon. Und was ist mit der neuen Fluisteraars?

@donnerjakob
Auch schön eindrucksvoll geschrieben.:cheers: Raptechnisch hab ich da natürlich ein paar deiner Kandidaten mit am Start, nützt ja nix.
eigenwert
@ Crabby: jou, tomahawk ist unterschrieben. Ist bei mir nur etwas unter den Tisch gefallen, habe sie aber letztens wieder gehört und sollte bei möglichkeit geordert werden (ist ja auch immer so ne Sache mit Verfügbarkeit). Macht alle weiter so :cheers: :bow: !
leboef
Hip Hop :floet:)Donnerjakob, 21.12.2021 12:23 #


Bring it on! :bigsmile:

Hör im Auto momentan viel East Coast aus den 90ern. Der Youtube-Algorithmus überschwemmt mich aktuell mit Underground-Mixtapes aus dieser Zeit. Würde aber auch gerne wieder mal was Neues entdecken... ich glaube meine letzte echt gute Platte ist die Butterfly von Kendrick Lamar. Ein kleines Update wär nicht schlecht :cheers:
JustusMeinFreund
Dachte ich mir schon. Und was ist mit der neuen Fluisteraars?Powder To The People, 21.12.2021 20:00 #


Kenn ich, nicht so zwingend.
-pmh-
"hey what" von low ist wohl das allgemeine liebkind des jahres 2021.
klingt komisch, ist aber so. :cheers:
OneFingerSalute
Moin! Für die Jahresbestenlisten gucke ich mal wieder rein. Und was soll ich sagen? Es lohnt sich. Powdis Rezensions-Texte sind ja schon seit Jahren eine Klasse für sich und die beweist er auch diesmal wieder. Auch sonst schöne Sachen dabei. Bin einmal mehr am Staunen, was sich Justus in einem Jahr alles durch die Ohren zieht, reicht bei mir für ein halbes Jahrzehnt. Wünsche ein frohes Fest, guten Rutsch und bleibt negativ, Leute!
HIRNTOT
Ich hab weder im Forum noch sonst wo mitbekommen, dass es eine neue Descendents gab. Erst mal bei Spotify adden.