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LUNACHICK
Riesenbericht über Tool in Amsterdam geschrieben, mal wieder ausgeloggt worden in der Zwischenzeit, ich lern es nie und schrei jetzt erst mal ne Runde und versuche es heute Abend nochmal.
Go Ahead Eagle
Freak Valley Festival // Netphen // 20.-22 21.06.19

Mein erstes Festival mit eigenem Wohni. Am Anreise-Donnerstag fahren wir auf eine freie, unmarkierte Wiesenfläche. Bauen unser Camp auf, zischen das erste Bierchen, da kommt ein überforderte und dennoch entspannter Ordner und sagt: "ihr könnt hier nicht campen, hier ist doch gar nix markiert! Aber ihr seid jetzt auch zu viele, also bleibt erst mal stehen und wir ziehen die Flatterbandmarkierungen um euch herum." Läuft. Wohni steht so mittig, dass ich im Laufe des Tages von allen Seiten eingekeilt werde. Da ich am Samstagmorgen das Festival einen Tag zu früh verlassen muss, um eine Hochzeit in Essen mit meiner angeschlagenen Anwesenheit zu beglücken, ich aber keinen Bock habe am Donnerstag schon Stress und Hurra deswegen zu verbreiten, überlasse ich die Aufgabe Future-me. Kann der Trottel sich da schön Freitag drum kümmern.

Was schade ist: es ist nicht nur Anreise-Donnerstag, sondern auch Konzertbeginn-Donnerstag. Also müssen wir die Ankunft schnell und hart zelebrieren, um auf keinen Fall den Vorwurf aufkommen zu lassen, wir hätten etwas ausgelassen.
Im Laufe des Einstimmens erfahre ich, dass das Lineup kreativ über den Haufen geworfen wurde. Ein paar neue Bands und diverse Verschiebungen im Zeitplan. Egal, gefühlt ist in unserem locker 20 Personen umfassenden Camp niemand so wirklich wegen irgendeiner Band hier. Selbst die Schweizer von nebenan haben sich vor der 600 km Anfahrt nicht eine Minute mit dem Lineup befasst.

Vieles kickt mich auch nicht wirklich. Die als spontaner Ersatz für The Obsessed eingesprungenen Holländer DeWolff werden von der Allgemeinheit sehr positiv aufgenommen. Mein Highlight am ersten Tag waren 2/3 des Auftritts von Brant Bjork.
Das komplette Gegenteil von John Garcia von vor 2 Jahren: cool, entspannt, sympathisch, tolle Songs. Dann holt er sich für knapp 1/3 einen Gastsänger auf die Bühne, der prätentiös rumkaspert und einen Song nach dem nächsten vergeigt. Bevor Mr Bjork für das letzte Drittel wieder selbst übernimmt. Also 2/3: Weltklasse, 1/3: was soll das?

Am Freitagmorgen berichte ich meinen Schweizernachbarn, dass sie mich in ca. 24 Stunden aus der misslichen, eingekeilten Lage befreien müssen, in die sich mich gebracht haben. Ja, ja. Läuft schon irgendwie. Wie auch der gesamte Freitag.
Tuber wissen zu überzeugen und machen, was sie schon bei ihrem letzten Auftritt gezeigt haben. Postrock der selbst neben Toundra noch sehr gut aussieht. Die Griechen haben wohl den ein oder anderen weiteren Fan gewonnen. Kaum Fans gemacht haben sich hingegen wohl: King Buffalo, Raketkanon und A place to bury strangers. Das war einfach ziemlich schlecht bis hochgradig nervig und hat mir die letzte Motivation geraubt es bis Corrosion of Conformity auszuhalten.

Den Samstagmorgen habe ich in Allerhergottsfrühe den Schweizer aus seinem Bulli gezerrt, auf den Fahrersitz gesetzt und auf Seite befördert. Nein, er hat sich schon freiwillig bewegt, aber so süß verpennt und verpeilt, dass ich ein klitzekleines schlechtes Gewissen hatte. Tja und gegen 10 saß ich dann auch schon im Auto und war auf der Autobahn nach Essen. Ungefähr 2 km von der Partylocation entfernt haben wir einen Campingplatz angesteuert. Sehr praktisch das ganze. Kurz duschen, ab in den Anzug huschen und den Festivalsamstag in anderem Rahmen verbringen. Morgens noch auf dem Dixie, nachmittags dann Sektempfang. So kann das gehen.
Harry Gant
Freak Valley Festival // Netphen // 20.-22 21.06.19

Das war einfach ziemlich schlecht bis hochgradig nervig und hat mir die letzte Motivation geraubt es bis Corrosion of Conformity auszuhalten.Go Ahead Eagle, 24.06.2019 16:18 #

:yikes:
Die wären mein must see gewesen. Aber auf Platte mag ich auch King Buffalo :hm:
Trotzdem schön dass dein Festivalauftakt im Wohni geglückt ist.
Go Ahead Eagle
Ja, die waren auch mein Must-See. Aber wenn Lust und Kondition auf ähnlichem Level sind, der Hochzeitssamstag über allem schwebt und droht und CoC so ca. ab 23.30 bis vermutlich um 1 Uhr spielen und danach noch der Todesmarsch den Berg zum Camp hinauf wartet, dann muss man den Umständen auch mal Tribut zollen.

Und dann haben gerade auf dem Festival alte Recken auf dem Headlinerposten auch noch zu Hauf enttäuscht...
fennegk
Whoa, womit haben sich Raketkanon so unbeliebt gemacht?
Go Ahead Eagle
Hat mich einfach nicht mobilisieren können.
fennegk
Na dann... hatte was vernichtende(re)s erwartet. :wink:
LUNACHICK
So, der nächste Versuch:

Klasse Bericht, Ofsi, da wäre man doch gern dabei gewesen :bow:

So ich hab auch noch was nachzureichen, nämlich nichts minder als das Konzert des Jahres:

Tool, 19.6., Ziggo Dome Amsterdam

Ich kann vorab sagen: Nicht eine meiner Ängste wurde bestätigt. Als Pessimist wird man selten enttäuscht. Ängste in willkürlicher Reihenfolge:

- das Konzert wird kacke weil die Band es nicht mehr bringt
- das Konzert wird kacke weil eine 17.000 Menschen fassende Halle den Sound ruiniert
- das Konzert wird kacke weil...ey...17.000 Menschen!!!
- der Mann, für den ich 2001 nach Holland gezogen bin, hat mir die Karten besorgt und ich sehe ihn nach 13 Jahren das erste Mal wieder und es wird furchtbar.


Ich hatte mir vorher keinen neuen Song angehört und keine Rezension gelesen. Stattdessen haben wir uns vor dem Konzert schon mal mit schrägen Typen, die schräge Kunst machen beschäftigt und waren im Van Gogh Museum. Vor der Konzerthalle haben wir dann noch ein bisschen gerätselt, wie Maynard heute aussehen wird. Unser favourite "Frittiertes Hühnchen" war es leider nicht.

Entwarnung 1: das Wiedersehen mit alten Bekannten war okay, man hat sich halt nicht so viel zu erzählen, aber mein Ex und seine Frau waren total nett und haben sich auch nach dem Konzert noch mit uns unterhalten.
Entwarnung 2: Der Ziggo Dome ist...einfach klasse. Wirklich. Anscheinend ist das Ding für Konzerte ausgelegt, aber zum Sound kommen wir gleich noch. Es gab sehr, sehr viele Möglichkeiten, seine Münzen auszugeben, von Burgern, frischen Säften bis hin zum obligatorischen Heineken, außerdem viel Platz für Merch, Toiletten etc. Wenn es euch mal nach NL verschlägt für ein größeres Konzert, tut es.
Entwarnung 3: Ja, es sind viel, viiieeel zu viele Menschen für meinen Geschmack, aber durch den Altersdurchschnitt war das schon okay im Großen und Ganzen.

Erste Ernüchterung: Shirts für 35 Euro, Totes für 20, Longsleeves 40. Naja. Lassen wir dann halt mal liegen ne. Zweite Ernüchterung: Die Vorband Fiend hat einfach richtig miesen Sound, dass es einen schauderte, und ich fand sie jetzt auch nicht sooo gut, gelinde gesagt.

Und dann alle anderen Entwarnungen auf einen Streich.

Punkt 21 Uhr geht das Licht aus, das Third Eye Intro ertönt, die Leute rasten aus. Ich auch. Der siebenzackige Stern, der über der Bühne hängt, beginnt zu leuchten (man kann sich dann hinterher alles zusammengoogeln über die Bedeutung davon, aber ich hab nach der Hälfte aufgehört zu lesen, ist halt typisch Tool, hauptsache man kann alles Mögliche reininterpretieren mit möglichst viel Tiefgang).
Die ersten Takte von Aenima ertönen, die Leute drehen durch, ich auch. Die Tool-typischen komplett kranken Videos laufen auf den Leinwänden, die Licht- und Lasershow passt sich dem Takt an, Maynard kommt mit Iro und Punker-Hose und gollumt sich die nächsten 2 Stunden an Ort und Stelle durch die Show. Gleich beim ersten Refrain knallt einem der Sound so dermaßen geil entgegen, dass es einem die Schuhe auszieht. Ein richtiges Brett zu Anfang, die Leute sind ekstatisch. Ich auch. Mein mitgereister Kumpel schubst mich an und zeigt mir seine Gänsehaut. Die bleibt bei uns beiden, während des gesamten Songs. ÄMSTERDÄÄÄÄÄM, sagt Maynard. Und damit müssen wir uns auch begnügen.
Es geht weiter mit The Pot, Parabol, Parabola (geil!) und...naja, Schism, eingerahmt in die beiden neuen Songs Descending und Invincible. Mein Eindruck derer ist, dass da jetzt nichts dabei ist, was man bei Tool noch nie gehört hat. Irgendwie zünden die bei mir nicht so und das beste daran ist für mich, dass es heraushebt, wie stark Schism ist. Und das ist nicht mal mein Lieblingssong! Der kommt gleich aber auch noch!
Erstmal Intolerance, der einzige Song aus der Undertow und Opiate Zeit, ansonsten nada. Schade, aber kannste nix machen. Hat schon ziemlich Laune gemacht, den Song mal wieder zu hören.

Nach Jambi dann mein absolutes Highlight mit Fortysix & Two. Als ob der Song mir nicht auf Platte schon komplett jegliche Sinnesorgane wegföhnt haut er mich live nochmal ein Stück mehr vom Hocker. Das klingt jetzt total dämlich, aber das ist so ein Song, den spür' ich einfach bis in die Fingerspitzen, so geil ist das. Ich mach die Augen zu und singe mit und will im Sound schwelgen, aber dann muss ich sie wieder aufmachen, um die abgefahrenen Videos und Lichter nicht zu verpassen und mich zu vergewissern, dass da wirklich nur 3 Instrumente auf der Bühne sind. Mann das war so gut, das war so...also stellt euch vor ihr habt Sex mit jemandem, auf den ihr echt abfahrt, und die Person macht einfach von vorn bis hinten (lolz) alles richtig. Aber wirklich alles. Alles fühlt sich perfekt an und es könnte der beste Sex eures Lebens sein.

Und während des Gipfels der Gefühle steht die Person mittendrin auf und sagt, ey, Du, ganz cool, aber lass mal paar Minuten Pause machen, bin mal eine rauchen, zum runterkommen, bis gleich! Denn genau das machen Tool. Es wird dunkel, die Laser lassen einen 12-minütigen Countdown runterzählen. Eben warste noch komplett am abdrehen, und dann stehste da. Und wartest. 12 Minuten. Und worauf? Auf...Achtung! Das Releasedatum des neuen Albums. Wow. Bleiben wir aber mal beim Sex-Vergleich: Die Person kommt nach 12 Minuten zurück und fragt Dich, ob Du schon Deine Steuererklärung gemacht hast.
Es folgt ein x-minütiges Drumsolo von Danny Carey. Ja ich weiß, da stehen einige Leute sehr drauf. In diesen Minuten ist allerdings jegliche Magie kilometerweit weg und man denkt tatsächlich an die Steuererklärung. Und dass die Füße weh tun. Und dass man Durst hat aber die Bar jetzt zu weit weg ist und dass das ja jetzt auch irgendwie Quatsch ist. Oh und dann kommt tatsächlich nochmal Musik, kuck an.

Vicarious kommt richtig stark, ist halt auch ein richtig guter Song. Die Stimmung, die Magie, das Feeling, das alles kommt aber erst nach der Hälfte des Liedes wieder, und das ist richtig schade und wird dem Lied, der Band, meinem Gefühl und dem ganzen Konzert nicht gerecht.
Zum großen Finale gibt es Stinkfist, in einer etwas längeren Fassung. Ich bin wieder drin, ich hab wieder Bock, ich feiere jeden Ton. Aber danach ist es leider vorbei. Minutenlanger Applaus, Maynard ist direkt von der Bühne gegangen, hat sich wahrscheinlich mal die Lederjacke ausgezogen und stinkt jetzt wie ein Frettchen.

Eine große niederländische Zeitung titelt am nächsten Tag "Wie eine Atombombe, die am Horizont explodiert". Ich halte das für etwas übertrieben, aber wer Lust hat kann in dieses Video schauen, was jemand trotz Handyverbot hinbekommen hat:



Das Handyverbot hat übrigens überraschend gut funktioniert. Nur zwei mal wollte um uns herum jemand filmen und bekam dann direkt von der Sicherheitsfirma auf n Deckel.

Ein Konzert, das nicht enttäuscht hat, jeden Cent wert war, wo ich immer wieder hingehen würde, das mir auch den Schwarzmarktpreis wert gewesen wäre. Eine absolut über jeden Zweifel erhabene Liveband, die Dir echt ein Erlebnis bietet.
fennegk
Yeay... liest sich spitze und Erinnerungen (2006 eröffnete die Band in der Arena Treptow schnörkellos-gewaltig mit "Lost Keys"/"Rosetta Stoned", bei "Jambi" wummerte meine in zweiter Reihe stehende Hose bassgenau und v.a. der gollum-ende Maynard muss wohl so) zucken über Leinwände.
Danke, zweimals!

Ach ja... die Merchpreise sind also die letzten 13 Jahre die gleichen geblieben.
Amano
Toller Bericht :thumbsup:

Bekomm ich richtig Lust auf Sex und danach Tool (und danach Steuererklärung).

Wirklich super geschrieben
Go Ahead Eagle
Wow Nine, was ein Gändehautbericht.
Ich wusste es seit Donnerstag, dass es dich nicht enttäuschen konnte.
Denn da habe ich mit einer wildfremden Festivalbesucherin gefühlt 2 Stunden über Tool gesprochen.
Sie war bei dem Konzert in Prag.
Und ziemlich genauso überwältigt und begeistert wie du.
SHITHEAD
Klingt absolut fantastisch, Nine. Vielleicht sollte ich mir dieses Werkzeug auch mal live ansehen, bei der nächsten Tour, 2024.
OneFingerSalute
Einer der unterhaltsamsten Konzertberichte, die ich überhaupt je gelesen habe, ganz im Ernst. Die Band interessiert mich ja nicht die Bohne, aber wenn ich trotzdem Bock gehabt hätte, bei dem Konzert zu sein, dann muss das jemand richtig fantastisch aufgeschrieben habe. Danke für die Mühe, die du dir nach dem unfreiwilligen Ausloggen noch mal gemacht hast!
Harry Gant
Ich schließe mich dem Lob der anderen an, großartiger Bericht Luna :bow:
LUNACHICK
So ging's mir bei deinem Festivalbericht auch Ofsi, das klang super, da hätte ich auch Bock drauf :smile:

Shitty, wenn Dir die Kohle nicht zu viel ist könnte man, wenn man nur ein bisschen was mit der Musik anfangen kann, auf jeden Fall seinen Spaß haben!

Und Fennegk, auf der Tour hab ich sie leider nicht gesehen, so traurig es ist, da war ich einfach zu arm für. War aber trotzdem mein viertes Tool Konzert und mit Abstand das größte. Das erste war Pinkpop 2001, auf der Nebenbühne, man stelle es sich vor, im Zelt. Das einzige was ich noch weiß ist, dass der Typ vor mir wohl 3 Tage nicht kacken war und in einer Tour gefurzt hat, es war die Hölle. Das zweite in der damals noch Philipshalle Düsseldorf, das fand ich schon zu groß mit 7500 Leuten und das dritte war im Groninger Oosterpoort, auf der Setlist standen u.a. The Grudge als Opener, H. und Sober, das war das vielleicht beste Konzert in der grade mal 3000-Mann fassenden Location, einfach Wahnsinn und wie ein Uhrwerk.

Ich hab im Nachhinein gelesen, dass es vielen auf den Festivals nicht so gefallen hat. Das kann ich mir vorstellen, ich hab sie ja auch schon ohne ihre eigene Lichtshow und bei schlechtem Sound gesehen, das ist was völlig anderes und macht bei solcher Musik einfach so viel aus.

Schaun wir mal, ob vielleicht mit der neuen Platte nochmal ein paar Konzerte anstehen :smile:
fennegk
Furzwitze!!! Tag gerettet - nochmals: Danke dir!!! :cheers:
LUNACHICK
Hey, das war damals überhaupt nicht witzig :yikes:

Aber gerne :wink:
fennegk
Da bin ich kindgeschädigt... Flatulentia gehen immer! :bigsmile:

Mich störte (immer noch Tool) ja insbesondere der Moshbär, der nach Runterfallen seines Dübels in vollster Ekstase explodierte... immerhin arbeitete er auf der anderen Seite des so called Wellenbrechers.
schmirglie
Ich bin ein wenig neidisch, aber ich freue mich natürlich auch, dass du es so super fandest :cheers:
Habe mittlerweile auch Leute getroffen, die es bei RaR gut bis super fanden, ich hake es unter "Pech" ab.
dagoth
Erste Ernüchterung: Shirts für 35 Euro, Totes für 20, Longsleeves 40. Naja. Lassen wir dann halt mal liegen ne. Zweite Ernüchterung: Die Vorband Fiend hat einfach richtig miesen Sound, dass es einen schauderte, und ich fand sie jetzt auch nicht sooo gut, gelinde gesagt.LUNACHICK, 25.06.2019 01:20 #


Hab sie mir in Zürich angeschaut. Hoodies CHF 100.-, Shirts 50.- , kranker Scheiss. Das Konzert war spitzenmässig. Aenema als Opener - das ist Zeitgeist und man weiss, dass es toll wird. Zweites Highlight war für mich Intolerance mit extra viel Hall während dem Lie_Cheat_Steal_Part sowie Stinkfist in der langen Version. Alles in allem eines der besten Konzerte ever für mich. :cheers: