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Frei.Wild & Rechtsrock - eine Diskussion

Mulaggi
Schon irgendwie amüsant, dass manch einer hier die Wirkung bestimmter Begriffe herunterspielt, sich aber zugleich darüber echauffiert, dass ihm (unbeabsichtigtes) rechtsunterstützendes Verhalten unterstellt wird.
federboa
AERPELSCHLOT
Aber den Unterschied zwischen Mohrenkopp und "du Mohr" den rafft ihr schon noch, oder? :rolleyes:
Woas Sois...
Ich finde es wenigstens gut, dass Begriffe wie Zigeunersauce oder Negerkuss mal hinterfragt werden. Ist das noch zeitgemäß, schwingt da noch eine Konnotation mit? Bei Negerkuss hab ich ein bisschen so Bilder wie aus 30er Jahren Cartoons im Hinterkopf, also geht es für mich weniger. Bei Zigeunersauce denke ich einfach nur an diese billige Grillsauce. Von daher mach ich da kein Faß auf.
Das ist jetzt keine Argumentation aus Sicht der betroffenen Gruppen, aber ehrlich gesagt, mehr krieg ich im Alltag nicht gebacken.
Um mal ein anderes Land mit reinzureiten: In Österreich heißt es noch gerne Tschutschnkoffer für eine Plastiktüte :floet:
housefrau1981
Um mal ein anderes Land mit reinzureiten: In Österreich heißt es noch gerne Tschutschnkoffer für eine Plastiktüte :floet:Woas Sois..., 13.02.2014 06:16 #


Bitte wo sagen die das? Das hab ich ja noch nie gehört.
kleinerhobbit33
Schon irgendwie amüsant, dass manch einer hier die Wirkung bestimmter Begriffe herunterspielt, sich aber zugleich darüber echauffiert, dass ihm (unbeabsichtigtes) rechtsunterstützendes Verhalten unterstellt wird.Mulaggi, 13.02.2014 01:24 #


Das spielt doch niemand herunter, es ist doch aber ein Fakt das Begriffe wie Negerkuss oder Zigeunersauce sicherlich nicht auf Lebensmittelpackungen stehen und standen um jemanden zu diskriminieren. Mir ist das dann eben doch ein Stück zuviel die Moralkeule geschwungen.

Letztlich werden wir uns bei diesen, speziellen Aussagen eh im Kreis drehen.
Woas Sois...
Um mal ein anderes Land mit reinzureiten: In Österreich heißt es noch gerne Tschutschnkoffer für eine Plastiktüte :floet:Woas Sois..., 13.02.2014 06:16 #


Bitte wo sagen die das? Das hab ich ja noch nie gehört.housefrau1981, 13.02.2014 08:32 #


Im Mostviertel, da hört man das öfter. Um Braunau rum, da wundert das weniger. :tongue: Allerdings ist Sackerl schon öfter zu hören.
2006heino
"Der Positivismus ist so tot, wie eine philosophische Bewegung es überhaupt nur sein kann" ;)Alphex, 11.02.2014 23:44 #


Schöner Satz! :smile:
Ich denke jedoch nicht, daß irgendeine philosophische Bewegung wirklich "ausstirbt" (so ist ja wohl auch nicht gemeint:wink:) - irgendwelche Gedankenansätze bestehen immer fort oder werden wieder aufgegriffen

Aber was ich primär meinte: Abstrahierend-philosophische Behandlungsweise verbietet mitnichten moralische Überlegungen.Alphex, 11.02.2014 23:44 #


Da gehe ich absolut mit Dir konform. Meine Aussage zielt auch eher auf den methodischen Ansatz.


So, und jetzt darf hier weitergestritten werden um "rassistisches" Essen, die Farbenzuordnung für Menschen und die politisch korrekte Anpassung von Klassikern der Weltliteratur :smile:

PS: "Der Steppenwolf" von Hesse, den ich gerade sporadisch lese, müßte ebenfalls umgeschrieben werden, da dort öfter von "Negern" die Sprache ist ... :wink:
Powder To The People
Ich bin da mal wieder komplett beim Woas. Ein Wort wie Negerkuss muss in diesen Zeiten nicht wirklich auf einer Verpackung stehen. Das Wort Zigeuner mag in seiner Ursprungsidee vielleicht abwertend gemeint gewesen sein, hat sich mMn aber ähnlich wie das Wort Indianer zu einer Gruppenbezeichnung (nicht Rassenbezeichnung) entwickelt. Es gibt z.B. auch einige Schlagersongs von früher, wo die Konnotation des Wortes Zigeuner eher in Richtung frei und ungebunden tendiert. Und Manni's Einwand, dass bestimmte Gruppen die vermeintlichen Schimpfworte für sich als positiv bewerten, ist vollkommen legitim. Wir können ja mal zählen, wie oft bisher in Rapsongs das Wort "Nigga" in einem freundlichen Zussamenhang gefallen ist. Unabhängig davon, ob der Verwender des Wortes schwarz ist, müsste nach oben angegebener Logik eben jener auch zutiefster oder zumindest latenter Rassist sein. Das könnt ihr ja gerne mal einem Mos Def oder Common vorwerfen. Mir wird hier immer ein bisschen rasant mit Ismus-Bezeichnungen um sich gehauen. Erstmal ist es hochironisch, ein Suffix auf jemanden in diesem Zusammenhang anzuwenden, welches selbst eine Klassifizierung der-/desjenigen darstellt. Man unterscheidet als gescheiter Mensch doch auch zwischen Islam-Glaube und Islamismus. Würde ich das nicht tun, müsste ich jeden, der das Wort "Allah" in den Mund nimmt, umgehend als menschenrechtsfeindlich bezeichnen. Irgendwie ist das alles (verständlicherweise) nur in Deutschland so richtig Thema. In anderen Ländern wird fröhlich nationalistisch vor sich hin gelyncht. Wie wär's denn, wenn wir den bei uns durch und durch vorhandenen realen Rassismus (egal ob von Deutschen oder Zugezogenen) bearbeiten, und uns nicht an solchen Kleinigkeiten aufhängen? An den Details können wir gerne arbeiten, wenn eben nicht mehr jeder dritte Brandenburger glaubt, dass Hitler cool war, oder halb Offenbach den Araber als Übermenschen sieht.:rolleyes:
Olsen
Rassismus fängt aber bei den Kleinigkeiten an.

Was heißt denn übrigens Tschutschn?
Woas Sois...
Angehöriger eines slawischen Volkes. (Gibt es auch in der Tschusch Schreibweise)
Powder To The People
Rassismus fängt aber bei den Kleinigkeiten an.Olsen, 13.02.2014 13:37 #

Bevor ich mich mit den Kleinigkeiten beschäftigen kann, muss ich doch aber erstmal ein Verständnis für den grossen Mist schaffen. Wenn einer in seinem Sprachgebrauch das Wort Negerkuss von kindauf gelernt hat und es mit nichts negativem verknüpft, hat er erstmal kein tieferes Verständnis dafür. Er versteht oberflächlich vielleicht schon, was daran falsch ist, aber er wird bei Erwähnung des Wortes kein negatives Empfinden seinerseits wahrnehmen. Das ist ein viel langwieriger Prozess. Mir fehlt da ein bisschen der realistische Bezug. Ich hab' so das Gefühl, dass die Intellektuellen-Riege sich in erster Linie selbst gern schwafeln hört und Moralvorstellungen überkandidelt. Das ist als würde ich ein zugeschissenes Klo ignorieren und lieber die Staubschicht auf dem Regal davor wegmachen. Das schön steril und dann kann ich sagen, ich hätte was gemacht. Eine Wurzelbehandlung im eigentlichen Sinne ist solche Art von Kleinkariertheit für mich nicht.
Sasan
Und ob es die liebe Federboa hören mag oder gar glauben kann. Ich hab beruflich mit einer Gruppen Sinti und Roma zu tun und die bezeichnen sich selbst, glaub es oder lass es, als Zigeuner. Und die Gruppe interpretiert da nix negatives oder gar rassistisches rein.kleinerhobbit33, 12.02.2014 15:47 #

Ich gebe zu, dass ich nicht die gesamten Kommentare hier durchgegangen bin, wollte aber zu dem Punkt trotzdem was sagen:

Ich unterscheide in solchen Fällen immer perspektivisch. Als "Teil der Gruppe" finde ich nichts verwerfliches daran, sich zu nennen, wie man will. Als Außenstehender bestimmte Ausdrücke zu verwenden, könnte allerdings nicht gut ankommen...man stelle sich nur vor, was los wär wenn man unter einer Gruppe dunkelhäutiger Menschen das N-Wort benutzt...nur weil die untereinander das Wort verwenden, heißt ja nicht im Umkehrschluss, dass sie es OK finden wenn andere sie ebenfalls so nennen. :floet:
Woas Sois...
Für den Fall hat man einen Basketball dabei :klugscheiss:
Alphex
Ich finde es wenigstens gut, dass Begriffe wie Zigeunersauce oder Negerkuss mal hinterfragt werden. Ist das noch zeitgemäß, schwingt da noch eine Konnotation mit? Bei Negerkuss hab ich ein bisschen so Bilder wie aus 30er Jahren Cartoons im Hinterkopf, also geht es für mich weniger. Bei Zigeunersauce denke ich einfach nur an diese billige Grillsauce. Von daher mach ich da kein Faß auf.Woas Sois..., 13.02.2014 06:16 #


Die Konnotation ist ja nur die eine Seite. Das andere ist, sich erst mal gewahr zu werden, welchen Hintergrund bestimmte Begriffe überhaupt haben (Etymologie als Geschichtsbewusstseinserfahrung?), zum anderen werden manche Wörter dadurch immer noch "greifbar". Wie verbrannt kann "Neger" als Begriff sein, wenn es "Negerkuss" nicht ist? (Und man komme mir jetzt nicht mit Sophismen ala "Das Wort "reger" ist zu 4/5 "Neger"")

So gesehen macht es auch Sinn, Hesse NICHT umzuschreiben: Geschichtsfälschung ist ja nicht das Ziel, vielmehr weniger ein wenig mehr Nähe zur Entwicklung, die bestimmte Begriffe hinter sich haben. Semantika allein verhindert keine Diskriminierung, aber Sprache strukturiert nun mal auch ihrerseits aktiv die Wahrnehmung. Bestimmte Begriffe aktiv auszuriegeln, ist so gesehen okay, aber Sprache ändert sich nun mal - einen Endzustand kann man da nie erreicht haben, der dann "wasserdicht" ist.

Wenn Schwarze das Wort "nigga" reklamieren und zu ihrem eigenen Wort machen, ist das insofern doch begrüssenswert, weil es den Rassisten das Wort wegnehmen soll. Aus einem tief abwertendenden Begriff einen positiv konnotierten zu machen, ist doch eigentlich ein brillianter Clou. Das erklärt aber halt auch, warum der Zugriff auf den Begriff nicht für Weiße vorgesehen ist, weil die Umdeutung einfach nicht greift, wenn es von Leuten gemacht wird, die eh nie abgewertet wurden damit, bzw. für die das gar nicht möglich ist.

Natürlich wird der Begriff dadurch potentiell auch trivialisiert, das ist gerade was die Implikationen angeht nicht unproblematisch. Aber diese Art des trotzigen Empowerements ist zutiefst amerikanisch und zumindest sehr praxisnah.

Und das mit "Positivismus ist tot..." ist von Popper.
Sasan
Für den Fall hat man einen Basketball dabei :klugscheiss:Woas Sois..., 13.02.2014 18:08 #

hahaha :bigsmile::heul:
Drunken Third
Was Alphex sagt, nur ohne Philosophistudentensprech.

Er hat ja den Knackpunkt genannt: es geht darum, zu hinterfragen. Und da hört ja anscheinend bei den allermeisten die Toleranz auf. "Ich hab das schon immer so genannt"; "Ich bin damit aufgewachsen." Na und? Heißt das, nur weil man es gewohnt ist, ist es automatisch völlig in Ordnung? Hier geht es doch nur um Bequemlichkeit, nichts weiter. Und die Tatsache, dass sich sofort viele als Rassisten abgestempelt sehen, denen man die Sachlage hier versucht zu erklären, zeigt doch nur, dass da anscheinend irgendwie Schuldgefühle vorhanden sein müssen. Denn die Aussage "Du bist Rassist, wenn du Mohrenkopp sagst" hat hier niemand getätigt.

Und Powdi hat teilweise Recht mit seiner Aussage; ich diskutiere hier aber nicht, um mich zu profilieren. Das mag natürlich bei vielen anders sein, da sind wir dann schnell wieder bei "Gutmensch & Moralapsoteln", so wie du es angedeutet hast. Natürlich muss sich jemand um das zugeschissene Klo kümmern, aber der Weg dahin führt nunmal unweigerlich am Umdenken vorbei, und hier setzen wir doch an, beim Begriffe hinterfragen, die nunmal fragwürdig sind, um das Bewusstsein zu schaffen.
kleinerhobbit33
Was Alphex sagt, nur ohne Philosophistudentensprech.

Er hat ja den Knackpunkt genannt: es geht darum, zu hinterfragen. Und da hört ja anscheinend bei den allermeisten die Toleranz auf. "Ich hab das schon immer so genannt"; "Ich bin damit aufgewachsen." Na und? Heißt das, nur weil man es gewohnt ist, ist es automatisch völlig in Ordnung? Hier geht es doch nur um Bequemlichkeit, nichts weiter. Und die Tatsache, dass sich sofort viele als Rassisten abgestempelt sehen, denen man die Sachlage hier versucht zu erklären, zeigt doch nur, dass da anscheinend irgendwie Schuldgefühle vorhanden sein müssen. Denn die Aussage "Du bist Rassist, wenn du Mohrenkopp sagst" hat hier niemand getätigt.

Und Powdi hat teilweise Recht mit seiner Aussage; ich diskutiere hier aber nicht, um mich zu profilieren. Das mag natürlich bei vielen anders sein, da sind wir dann schnell wieder bei "Gutmensch & Moralapsoteln", so wie du es angedeutet hast. Natürlich muss sich jemand um das zugeschissene Klo kümmern, aber der Weg dahin führt nunmal unweigerlich am Umdenken vorbei, und hier setzen wir doch an, beim Begriffe hinterfragen, die nunmal fragwürdig sind, um das Bewusstsein zu schaffen.Drunken Third, 14.02.2014 08:15 #


So weit, so gut. Wer hat hier aber bitte Schuldgefühle? Tatsache ist, steht auf der Speisekarte ein Zigeunerschnitzel und ich hab Lust drauf, ja, dann bestelle ich es und esse es sogar ganz ohne Schuldgefühle!

Ich zitiere noch einmal den User Federboa: Ich finde es irgendwie verdächtig, wenn nicht betroffene Menschen einen Namen für eine Sauce oder eine Süßigkeit verteidigen, obwohl andere Menschen ganz eindeutig dadurch beleidigt werden, und zwar täglich und immer wieder. "Ist doch nicht so schlimm" sagen dann meist diejenigen, die nicht betroffen sind.

Mit dem Begriff Mohrenkopf oder Negerkuss werde ich beispielsweise nicht konfrontiert, es ist aber bei mir und in meinem Umfeld auch eine Süßspeise die quasi nicht stattfindet. Und falls doch interpretiere ich da eben nichts negatives rein. Ich bin eben mit diesem Begriff groß geworden, genau wie Onkel Cracker. Und ich kann mit Sicherheit sagen dass weder meine Eltern noch meine Großeltern jemanden damit rassistisch beleidigen wollten oder haben.

Letztlich egal, ich hab schon im letzten Post geschrieben, wir drehen uns eh im Kreis.
LUNACHICK
ich war da auch immer zwiegespalten. auf der einen seite finde ich, man muss wirklich nicht jedes wort auf die goldwaage legen. auf der anderen seite denke ich, jo, komm, es ist nur ein wort, welches man ohnehin so gut wie nie benutzt. wie schwer kann es sein, das nicht mehr zu benutzen. ich versinke nicht im erdboden, wenn mir mal "mohrenkopf" rausrutscht, finde es aber auch unnötig, wenn das mischlingsbaby meiner freundin als "mohrenkopf" bezeichnet wird.
Drunken Third
Letztlich egal, ich hab schon im letzten Post geschrieben, wir drehen uns eh im Kreis.kleinerhobbit33, 14.02.2014 09:55 #


Vielleicht drehen wir uns aber auch nur im Kreis, weil wir nicht richtig lesen?

Du beschreibst doch da oben genau das, was ich angesprochen habe. "War schon immer so, ich bin damit aufgewachsen, ich verbinde damit nix negatives" - ja eben GENAU DESHALB ist es doch so wichtig, das mal zu hinterfragen. Wahrscheinlich haben mehr als 99% der Menschen, die diese Ausdrücke benutzen, absolut keine diskrimierenden Absichten. Es ist Gewohnheit, man kennt es so, wo ist das Problem? Das Problem ist, dass diese Begriffe aus einer diskrimierenden Haltung heraus entstanden sind. Das lässt sich nicht wegdiskutieren.
Und wenn ich das jetzt weiß: was ist so schwer daran, das ganze mal kurz und nur für mich zu hinterfragen?