Gestern Abend:
Frank Carter and the Rattlesnakes.
Die Vorband war nix, also haben wir lieber vor der Tür noch ein Bier vom Kiosk getrunken, gerätselt, wie lange der werte Frank eigentlich mit seinem Album von gut einer halben Stunde spielen will (mein Vorschlag war, "Fangs" einfach zwei Mal zu spielen) und die lokale Punk-Prominenz angegafft - es waren unter anderem der Gitarrist von Adam Angst und der Richard von KMPFSPRT anwesend. Voll exklusiv diese Kölner Konzerte!
Gegen halb 10 gings dann los. Das MTC war ziemlich voll, ich glaube es haben auch noch einige Leute bei der Abendkasse zugegriffen. Herr Carter hat sich auch, schon bevor überhaupt der erste Ton gespielt war, bedankt, dass so viele gekommen waren. Eigentlich untypisch für ihn, dachte ich. Er ist ja nicht unbedingt als sympathischer Zeitgenosse bekannt, aber eventuell hat sich da doch was getan in den letzten 2-3 Jahren.
Der Sound war, wie meistens im MTC, super. Ich verstehe echt nicht, warum ausgerechnet dieser Laden mit der niedrigsten Decke in der Stadt und seinem langen und engen Publikumsbereich immer so guten Sound hat.
Beim vierten Lied dann jedenfalls kam ein Typ aus dem Publikum auf die Bühne und wollte wohl gern ein Selfie mit dem Namensgeber der Band machen. Dieser riss ihm ganz geistesgegenwärtig das Handy aus der Hand, schaute ihn mit einem irren Blick aus weit aufgerissenen Augen an, und schmiss das Handy in hohem Bogen auf den Boden - dachte man. Dann hielt er seine Hand hoch, in der immer noch das Handy war, und grinste verschmitzt in die Runde. Mit dem Handy hat er dann ein paar Fotos gemacht und kurz den Auftritt von der Bühne aus gefilmt (währenddessen immer noch singend/schreiend, wohlgemerkt) und es dann wieder dem Besitzer zurückgegeben. Der Kerl weiß mit dem Publikum umzugehen, muss man schon zugeben.
In der Mitte des Sets wurde "Loss" zum zweiten Mal gespielt, diesmal aber nur mit Gitarre und langsamer. Carter ist dazu zum Singen mitten ins Publikum gegangen, man kennt das vielleicht aus dem Video zu "Anthem", das zu Pure Love-Zeiten im Internet kursierte. Anschließend gabs in gleicher Weise "Beautiful Death", das allerdings dann auch nur in dieser Version. Ich muss gestehen, dass das schon ziemlich intim war. Man hat wirklich gespürt, wie sich die Stimmung auf das Publikum übertragen hat, und anschließend hat er sich bei dem mucksmäuschenstillen Publikum dafür entschuldigt, die Stimmung so runter gezogen zu haben, aber es müsste halt sein. Mit "Juggernaut" hat er es dann wieder in die andere Richtung gedreht.
Schließlich waren bis auf "I hate you" alle Lieder vom Album gespielt und folglich wurde das letzte Lied angesagt. Kurz nachdem der Gitarrist dann aber eingesetzt hatte, wurde er von Carter unterbrochen, der meinte: "You know what? Fuck it! We're gonna play Fangs again!" Mein Gesicht dazu:
Nachdem dann wirklich "I hate you" gespielt wurde, war Schluss. Insgesamt waren es 50 intensive Minuten, die mir sehr, sehr gut gefallen haben. Carters Begleitband ist prima eingespielt und man hat gemerkt, wie viel Bock die alle haben und wie sehr sie sich gefreut haben, dass so viele Leute gekommen waren und so mitgegangen sind. Eventuell waren da auch ein paar Zweifel, ob sich überhaupt jemand für eine neue Band mit Carter interessieren würde - die waren wohl unberechtigt.
Einziges Manko für mich war, dass Carter zu oft das Mikro ins Publikum gehalten hat statt selber zu singen/schreien. Dabei kann er es doch so gut!
Nach dem Konzert stand er noch ewig am Merchstand, hat mit den Leuten geplaudert und Platten/CDs/Tickets/Shirts signiert und Fotos gemacht. Zwischendurch musste noch jemand zum Bus gehen und mehr Platten holen, weil sie nicht damit gerechnet haben so viele an einem Abend zu verkaufen.
Carters Wandel vom Saulus zum Paulus kam mir fast schon etwas aufgesetzt vor, aber seis drum. Es war ein großartiger Abend und ich war sicher nicht der Einzige, der sehr begeistert und mit einer neuen Platte unterm Arm nach Hause gegangen ist.